■ Mit dem Stromkrieg auf du und du: Politiker vs. Konzerne
Berlin (rtr/AP/taz) – Die deutschen Stromkonzerne manövrieren sich bei dem Versuch, regenerative Energien aus ihren Netzen fernzuhalten, immer weiter ins politische Abseits. Und die Politiker, die seit dem 1936 verabschiedeten Gesetz zur Wehrhaftmachung der deutschen Wirtschaft und Vermeidung schädlichen Wettbewerbs (heute: Energiewirtschaftsgesetz) ihre schützende Hand über die Konzerne halten, sind sauer.
So sauer, daß Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Dieter Spöri (SPD) in dieser Woche ein Kartellrechtsverfahren gegen die Frechsten der Konzerne einleitete, die wie das Badenwerk ihren privaten Stromlieferanten einfach die Rechnung nicht bezahlten.
Im Bundestag verurteilten gestern die Bundesregierung und alle Bundestagsparteien das Vorgehen der Konzerne übereinstimmend als Rechtsbruch. Der CSU-Abgeordnete Peter Ramsauer wiederholte seine Forderung, in das 1990 zur Förderung erneuerbarer Energien geschaffene Gesetz zur Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien einen Straftatbestand einzubauen, der säumige Konzernmanager mit empfindlichen Strafen bedroht.
Bei den zahlungsunwilligen Konzernen handelt es sich nicht etwa um schwarze Schafe. Vielmehr hat der Zentralverband der Branche, die Vereinigung der Deutschen Elektrizitätswerke (VDEW), den Rechtsbruch empfohlen. Es handele sich dabei um ein demokratisches Recht, so der VDEW- Vorsitzende Horst Magerl kürzlich. Unterstützt werden die Stromkonzerne dabei auch vom Bundesverband der Deutschen Industrie. Die VDEW argumentiert mit einem Gutachten, das die Verfassungsmäßigkeit des Stromeinspeisegesetzes in Frage stellt, nach dem die Konzerne für den alternativen Strom kostendeckende Preise und somit Subventionen zahlen müßten.
Die Staatssekretäre Ulrich Klinkert vom Bundesumweltministerium und Heinrich Kolb vom Wirtschaftsministerium warfen den EVU dagegen vor, zur offenen Schlacht gegen die ungeliebte Konkurrenz der erneuerbaren, umweltfreundlichen Energien geblasen zu haben. Die Bundesregierung müsse die betreffenden EVU wieder zu einem gesetzeskonformen Verhalten verpflichten. Zuvor hatte schon der Wirtschaftsausschuß des Bundestages die Strategie der Stromkonzerne verurteilt.
Seine letzten Wähler unter den Konzernmanagern vermutete offenbar der FDP-Abgeordnete Paul Friedhoff. Er äußerte als einziger Verständnis für den Rechtsbruch. Das Vorgehen beruhe auf der Überzeugung, daß das Gesetz nicht verfassungskonform sei. Die FDP respektiere diese Sicht der Dinge, halte sie aber für falsch. Friedhoff stellte aber klar, daß auch die FDP den Rechtsbruch der EVU verurteile und die Unternehmen zu gesetzeskonformen Verhalten auffordere. ten
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