■ Mit dem Ruhrgebiet auf du und du: Benzol in der Lunge
Berlin (taz) – Seit die Zechen sterben, ist der Himmel über der Ruhr fast so blau geworden, wie die Sozialdemokraten versprachen. Und heute steht der letzte Rauch aus den Schornsteinen unter amtlicher Aufsicht: 3.278 Industrieanlagen seien mit 10.519 „Einzelmaßnahmen umgerüstet“ worden, schreibt Nordrhein-Westfalens Umweltminister Klaus Matthiesen (SPD). Tatsächlich läßt sich zwischen 1985 und 1992 eine deutliche Minderung der Schwefel- und Stickoxid-Konzentrationen in der Luft nachweisen – die Staubrate allerdings begann schon im letzten Jahr wieder anzusteigen.
Doch der Autoverkehr macht den Fortschritt wieder zunichte. Krebserregende Kohlenwasserstoffe wie Benzol und Toluol qualmen heute vor allem aus den Auspufftöpfen: Die Industrie des Bundeslandes belastet die Luft mit 137 Jahrestonnen Benzol und 10 Jahrestonnen Toluol, aus den Autos kommen 581 und 477 Jahrestonnen dieser Gifte. Mehr als die klassischen Schwefel- und Rußwolken des Ruhrgebiets werden sie in Zukunft die Krebsrate der Bevölkerung in die Höhe treiben.
Drei medizinische Institute haben vor allem Kinder und Frauen untersucht. Sie kommen – unter anderem – zum Schluß, daß sich infektiöse Erkrankungen der Atemwege und Allergien in Zukunft häufen werden. Am meisten werden darunter die Kinder leiden, die an Hauptverkehrsstraßen aufwachsen. Wenn das Fenster ihres Zimmers auch noch zur Straße liegt, ist ihre Lungenfunktion schon jetzt schlechter als bei Kindern, die das Glück haben, auf einen Hinterhof zu blicken.
Noch wenig erforscht sei die Wirkung der Autoabgase auf das Immunsystem, schreiben die Mediziner. Auch hier sei mit schädlichen Folgen zu rechnen. Umweltminister Matthiesen ist „besorgt“, wie er schreibt, und fordert für die lungenkranken Kinder von heute das „wirklich schadstoffarme Auto der Zukunft“. Niklaus Hablützel
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