■ Mit dem Geldwäschegesetz auf du und du: Viel Papier produziert
Berlin (taz) – Sie haben es ja schon immer gewußt: Das deutsche Geldwäschegesetz macht viel Arbeit und nützt fast nichts, so bilanzieren unisono Banken und Sparkassen nach knapp einem Jahr Erfahrung. Und auch die Ermittlungsbehörden sind unzufrieden.
Vorgeschrieben ist seit dem 29. November 1993, daß die Kreditinstitute von allen Leuten, die mehr als 20.000 Mark einzahlen wollen, den Personalausweis verlangen müssen. Auch die Frage, ob die KundInnen auf eigene Rechnung handeln oder nur als GeldbotInnen fungieren, ist seither Pflicht. Die Daten müssen sechs Jahre lang gespeichert werden. Vergißt ein Bankangestellter die Nachfrage, droht ein Bußgeld von 200.000 Mark. Noch unangenehmer wird es, wenn sie bei Anzeichen von Geldwäsche keine Anzeige erstattet. Dann kann sie gar strafrechtlich verfolgt werden.
Inzwischen ist ein riesiger Datenberg entstanden: Mehrere Zehnmillionen Transaktionen wurden registriert. Über 1.000 Mal gaben die Geldinstitute Alarm. Was daraus geworden ist, erfahren sie allerdings so gut wie nie, moniert Stephan Steuer vom Bundesverband deutscher Banken im Handelsblatt. Viele MitarbeiterInnen seien deshalb demotiviert; mit einer Abnahme der Hinweise sei zu rechnen.
Das Gesetz läßt den Kriminellen außerdem zahlreiche Lücken. Wechselstuben beispielweise dürfen von jedem Menschen mit Gewerbeschein eröffnet werden und können, ohne daß sie die Herkunft des Geldes nachweisen, bei den Banken einzahlen. Auch die Versicherungsbranche wird als Waschmaschine für schmutziges Geld offenbar immer beliebter.
Die StaatsanwältInnen kritisieren vor allem, daß das Gesetz nur dann eine Anklage zuläßt, wenn außer der Geldwäsche auch die konkrete Tat, aus der das Geld stammt, nachgewiesen werden kann – kaum möglich bei organisiertem Verbrechen.
Daß es in Deutschland nach wie vor einfach ist, Millionen aus Erpressung, Drogenhandel oder Steuerhinterziehung in den legalen Geldmarkt einzuschleusen, haben zwei Reporter vom WDR nachgewiesen. Auch Filialleiter renommierter Geldinstitute waren bereit, den beiden angeblichen Kunsthändlern hohe Lira-Summen in D-Mark umzutauschen, ohne daß sie nach deren Herkunft gefragt hätten. Annette Jensen
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