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■ Mit Umweltveränderungen auf du und duNachhaltige Forschung

Berlin (taz) – Alles hängt mit allem zusammen. Diese Einsicht ereilte nun auch den „Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen“: Weil Mensch und Umwelt ein eng miteinander verflochtenes System bilden, sei die „bislang vorwiegend sektoral geprägte Forschung durch einen systemaren Ansatz zu ergänzen“. Die Antworten, die die Wissenschaft für die drängenden globalen Probleme zu bieten hat, seien unzureichend. Das gestern den MinisterInnen für Umwelt und Forschung überreichte Jahresgutachten 1996 soll zeigen, welche Wege die deutsche Forschung künftig beschreiten muß.

Hierzulande sei die Wissenschaft zu wenig international ausgerichtet, zu stark in Einzeldisziplinen zergliedert und zu wenig umsetzungsorientiert, bemängelt das 1992 gegründete ExpertInnengremium. Umweltpolitik und Entwicklungspolitik seien eng miteinander verknüpft. Da durch Einsparungen die Forschungskapazitäten ständig verknappt werden, sei eine Konzentration auf die relevanten Fragen umso wichtiger.

Was aber ist relevant? Um den globalen Wandel systematisch zu erforschen, entwickelten die elf ProfessorInnen einen Katalog der Krankheitsbilder der Erde. Die Nutzung der Natur ruft zum Beispiel die „Sahel- Syndrom“ genannte landwirtschaftliche Übernutzung armer Böden oder das „Massentourismus-Syndrom“ hervor. Eine weitere Gruppe von Krankheitssyndromen ist durch Entwicklung bedingt: Verstädterung, Vernachlässigung ökologischer Standards durch ungebremstes Wirtschaftswachstum („Kleine-Tiger-Syndrom“) oder menschengemachte Umweltkatastrophen. Die dritte Problemgruppe befaßt sich mit den Verdauungsproblemen unseres Systems: Müllkippen, Altlasten und die weiträumige, dauerhafte Schadstoffverteilung in Luft und Wasser.

Der „Syndromansatz“ soll helfen, den globalen Wandel zu erforschen und politische Handlungsanleitungen zu geben, immer orientiert am seit der Rio- Umweltkonferenz populären Leitbild der nachhaltigen Entwicklung. Die deutsche Klima- und Meeresforschung sei dabei durchaus hoch entwickelt. Verstärkte Anstrengungen seien aber unter anderem bei der Forschung über Böden nötig, über Artenvielfalt, Urbanisierung, die Verflechtung von Wirtschaft und Umweltpolitik sowie über die politische Umsetzbarkeit auf internationaler Ebene.

Auch die Forschung in Entwicklungsländern soll stärker gefördert werden. Die Bundesregierung wird zudem aufgefordert, in jeder Legislaturperiode in einem Globalbericht aufzuzeigen, welche politischen Initiativen sie zur Lösung globaler Umwelt- und Entwicklungsprobleme ergriffen hat. lieb

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