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Mit Trippelschritten voran

■ Neubau-Wohnprojekte machen gegen bürokratische Schikanen mobil / SPD-Wohnungsexperte rügt Wohnungsbaukreditanstalt     Von Marco Carini

Petrus meint es gut mit den Wohnprojekten: Zur ersten öffentlichen Informationsveranstaltung des „Hamburger Neubauplenums“ tauchte er am Samstag den Alsteranleger am Jungfernstieg in strahlendes Sonnenlicht. Doch die meisten der im Neubauplenum zusammengeschlossenen Projektgruppen stehen noch im Regen: Bürokratische Hürden verhindern allzu oft den Traum vom selbstbestimmten, generationsübergreifenden und ökologisch orientierten Zusammenleben.

Ein Himmelreich für ein eigenes Haus: Doch die Wohnungsbaukreditanstalt (WK) blockiert die Finanzierung kleingenossenschaftlicher Wohnprojekte im sozialen Wohnungsbau nach Kräften. Sie verlangt zur Vorfinanzierung der alternativen Bauvorhaben Bürgschaften in Millionenhöhe. Die staatlichen Förderungsrichtlinien sind zudem auf Single-Haushalte und Kleinfamilien, nicht aber auf WG-taugliche Neubauten zugeschnitten. Und die Liegenschaft der Finanzbehörde vergibt das knapp gewordene städtische Bauland lieber an zahlungskräftige Investoren als an Alternativgruppen.

Auswege aus dem Behördendschungel zeigt ein Forderungskatalog des Neubauplenums auf. Da die im SPD-Regierungsprogramm festgeschriebene Förderung von Kleingenossenschaften nur über die „Verbiegung der geltenden Förderrichtlinien“ möglich sei, müsse ein maßgeschneidertes Förde-rungsprogramm für Wohnprojekte her. Dabei dürften sich die Wohnungsgrößen und -grundrisse nicht ausschließlich nach den Bedürfnissen von Kleinfamilien und Single-Haushalten richten; auch für WGs müsse Platz sein. Dabei müßten Gemeinschaftsräume und gemeinsame Wohnküchen als förderungswürdig anerkannt werden.

Die Kleingenossenschaften fordern, künftig „in allen Bebauungsplänen Flächen für Wohnprojekte auszuweisen“ und bei der Vergabe städtischer Grundstücke „Kontingente an Wohnprojekte“ zu vergeben. Ganz wichtig: Der Verzicht auf die sogenannte Belegungsbindung. Da die meisten Projekte soziale und ökologische Ziele verfolgen, sollten sie selbst – und nicht, wie im sozialen Wohnungsbau sonst üblich, die Ämter – das Recht haben, sich für Bewohner, die ausziehen, Nachfolger auszugucken.

Während sich die Baubehörde über den Vorstoß des Neubauplemums leicht verschnupft zeigt (“Wir tun doch schon soviel für Wohnprojekte“), erhält das Gremium Unterstützung von dem SPD-Wohnungsexperten Günter Mertens. Der sprach sich am Samstag für „spezielle Förderungsprogramme für Wohnprojekte“ und eine „transparentere Grundstücksvergabe durch die Liegenschaft“ aus. Scharfe Kritik übte Mertens an der Verhinderungspolitik der Wohnungsbaukreditanstalt: „Die Bürgschaftsregel muß fallen“.

Trotz aller Hemmnisse schreitet die Verwirklichung zumindest einiger Wohnprojekte mit Trippelschritten voran. Anfang August gab die Liegenschaft den Eidelstedter Langeloh-Hof dem Sanierungsträger „Stattbau“ zur weiteren Planung für ein Jahr anhand. In dem historischen Bauernhaus sollen eine Pension für in Not geratene Frauen und ein Wohnprojekt untergebracht werden. Auch der Verein „Wohngemeinschaft Jung und Alt“ freute sich jüngst über die Anhandgabe eines Grundstücks in Flottbek. Hier soll auf 600 Quadratmetern eine generationsübergreifende WG für 45 Personen entstehen.

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