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■ Mit Spaniens Ölkrise auf du und duOlivenöl-Spekulation

Madrid (taz) – Noch vor einem Jahr lösten die Olivenölpreise im Norden Europas bei den Spaniern nur verständnisloses Kopfschütteln aus. Für 4,50 Mark gaben die Erzeuger die Literflasche Extra Virgen – allerbeste Qualität – ab. Jetzt sind die Preise der neuen, im Dezember eingebrachten Ernte raus: 8,30 Mark ab Produzent. Wenn die alten Vorräte zu Ende gehen, wird der Preis voll an die Verbraucher weitergegeben. Um die 10 Mark wird eine Flasche dann kosten. Ein Alptraum wird Wirklichkeit, der Salat zum Luxus. Die Supermärkte füllen ihre Regale aus Angst vor Hamsterkäufen.

Schuld an der Entwicklung sind Trockenheit und Regen zugleich. Im letzten Sommer fehlte vielerorts das kostbare Naß zur Bewässerung. Das bißchen, was doch heranreifte, fiel im Dezember den starken Regenfällen zum Opfer. Die Oliven müssen teilweise einzeln aus dem Schlamm gelesen werden. 210.000, statt der üblichen 550.000 Tonnen Öl, kamen mühsam zusammen. Weltweit wurden 1,55 Millionen Tonnen eingebracht, 0,3 Millionen Tonnen unter dem Durchschnitt.

Versorgungsengpässe seien trotzdem nicht zu erwarten, beruhigt ein Sprecher der Vereinigung der spanischen Landwirtschaftsgenossenschaften (CCAE), die 80 Prozent des spanischen Öles produzieren. Spaniens Industrie kauft in Griechenland und Tunesien auf, um das Defizit zu decken, während die Italiener auf die iberische Halbinsel kommen.

Eigentlich nichts Ungewöhnliches. Seit jeher werden teure italienische Öle mit spanischem vermischt, um die Qualität zu heben. Doch dieses Jahr kaufen sie mehr als sonst. 10.000 Tonnen traten die Reise auf den Stiefel an. Eine Fliegenplage habe die eigenen Öle dermaßen verschlechtert, daß ohne Beimengung des spanischen Olivensaftes nichts zu machen sei, so die Begründung.

Die CCAE befürchtet andere Gründe. Reine Spekulationsgelüste steckten hinter dem Geschäftsgebaren. Mit den Aufkäufen würde der Markt künstlich verknappt, die Preise stiegen, und später dann würden Italiens Konzerne ihre Produkte in Spaniens Supermärkten anbieten. Gleichzeitig kontrolliert der italienische Konzern Feruzzi die zwei größten spanischen Marken Elosua und Carbonell und damit 50 Prozent des Marktes.

Selbst eine Warnung der andalusischen Regionalregierung, daß die Spekulanten auf ihrem Öl sitzenbleiben könnten, beruhigt den Markt nicht. Noch sind es elf Monate hin bis zur nächsten Ernte. Bis es denn so weit ist, wird so manche Familie mit Blick auf den Geldbeutel, ihre mediterranen Bräuche ablegen und auf Sonnenblumenöl umsteigen. Reiner Wandler

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