■ Mit Osteuropa auf du und du: Hilfe durch Handel
Berlin (taz) – Bis Samstag noch bietet die Berliner Importmesse den Ländern des Südens und Osteuropas die Chance, mit Großhändlern aus der EG ins Geschäft zu kommen. Allerdings müssen diese Länder erst einmal Zugang zum europäischen Markt erringen, erinnert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in seinem jüngsten Wochenbericht.
Die mittel- und osteuropäischen Länder haben es dabei inzwischen etwas leichter als viele ihrer Konkurrenten aus der Dritten Welt. Die Exporte der Entwicklungsländer in die EG lagen 1992 zwei Prozent unter dem Vorjahreswert, und das trotz enormer Erfolge der ostasiatischen Länder, allen voran Indonesiens. Die osteuropäischen Länder – freilich außer der Ex-UdSSR – konnten dagegen 6,3 Prozent mehr nach Europa exportieren. Die 15 Länder der ehemaligen Sowjetunion, die es 1991 noch auf eine Exportzunahme von im Schnitt neun Prozent brachten, mußten jedoch 1992 einen Rückgang von 3 Prozent hinnehmen.
Die Erfolge der östlichen Nachbarländer sind allerdings eher relativ. Zusammen lieferten sie, wiederum ohne Ex- UdSSR, letztes Jahr nur gut ein Zehntel der Menge, die die EG aus Entwicklungsländern bezog. Auch verdient Osteuropa weniger an der EG als es an sie für eigene Importe zahlte.
Immerhin, eine stärkere Einbindung Osteuropas in den europäischen Handel ist unübersehbar. Diese Entwicklung hatte bereits 1988 begonnen mit einem Abkommen zwischen der EG und dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) zum Abbau mengenmäßiger Handelsbeschränkungen. Die politischen Umwälzungen beschleunigten den Prozeß: Zunächst wurden die Importmengenbegrenzungen für einzelne Länder en bloc außer Kraft gesetzt. Allerdings wurden für die EG sensible Bereiche – Stahl und Textilien – ausgenommen; gerade diese Industriezweige sind aber in den osteuropäischen Ländern besonders wichtig und auch konkurrenzfähig.
Auf den Wunsch der östlichen Nachbarn nach Mitgliedschaft in der EG reagierte diese mit sogenannten Assoziierungsverträgen. Die hochgesteckten Erwartungen der Partnerländer wurden jedoch enttäuscht: Konkrete Fristen oder Bedingungen für den Beitritt fehlen. Immerhin ist in den Verträgen die stufenweise Einführung einer Freihandelszone innerhalb von zehn Jahren festgeschrieben.
Die EG-Kommission hat im Vorfeld des in zehn Tagen stattfindenen EG-Gipfels in Kopenhagen vorgeschlagen, Handelsbarrieren schneller abzubauen. Schon jetzt sind die Zölle für die osteuropäischen Länder gesenkt worden und liegen nur noch knapp über den Durchschnittszöllen für Einfuhren in die EG. Gefahr droht den osteuropäischen Ländern aber nicht nur durch die Konjunkturflaute in der EG. Schlimmer ist die Neigung in der europäischen Gemeinschaft, neue Barrieren zu errichten, sobald sich ein Land mit bestimmten Produkten als konkurrenzfähig erweist. Im Falle der Stahlexporte aus Tschechien und der Slowakei werden mittlerweile Strafzölle von 25 bis 30 Prozent erhoben. Nicola Liebert
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