: Mit Optimismus gegen „absolut faire Konkurrenz“
■ Im Hafenschlepper-Konflikt setzt die ÖTV nun auf Gespräche und Phantasie
Vorerst beendet sind die Bummelstreiks der Hamburger Hafenarbeiter, mit denen sie seit Wochen gegen das Lohndumping durch die niederländische Schlepp-Reederei Kotug protestierten.
Als ein Nach- oder gar Aufgeben will die Gewerkschaft ÖTV das allerdings nicht verstanden wissen. Die „Solidaritätsmaßnahmen“ seien von vornherein zeitlich begrenzt gewesen, sagte gestern ÖTV-Sprecher Jens Hnyk. „Und außerdem haben wir schon viel erreicht.“ Die Ausweitung des „Entsendegesetzes“ auf Hafenschlepper ändere zwar im gegenwärtigen Konflikt nichts, da ausschließlich deutsche Arbeitnehmer betroffen sind. Für zukünfige Fälle werde jedoch „ein wichtiges Schlupfloch“ geschlossen. Die ÖTV zeigt sich zudem überzeugt, daß Bürgermeister Henning Voscherau sein Versprechen einhält, per Gesetzesänderung gleiche Sicherheitsstandards – und entsprechende Kosten – für alle Hafenschlepper festzuschreiben. Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus sei – vorsichtig formuliert – schlecht informiert, wenn er den Schlepper-Konflikt zum jetzigen Zeitpunkt als „absolut faire Konkurrenz“ bezeichne. Hnyk erwartet, daß sich der Bürgermeister politisch durchsetzen wird.
Mit Optimismus wird die ÖTV nach Angaben ihres Sprechers auch in Gespräche mit dem Unternehmensverband Hafen gehen. Für morgen ist ein erstes Treffen anberaumt. Losgelöst von der aktuellen Situation solle generell über die Tarifpolitik im Hafen gesprochen werden, so Hnyk. Die ÖTV möchte die Hafenunternehmer an der ortsüblichen Verbands- und Tarifflucht hindern und zu diesem Zweck Tarifbedingungen entwickeln, die eine flexible Reaktion auf regionale (Konkurrenz-) Bedingungen ermöglichen. Die Flexibilität dürfe dabei nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen. Den Arbeitgebern fehle nicht unbedingt die Bereitschaft, Zugeständnisse zu machen, sondern häufig die nur nötige Phantasie, um entsprechende Modelle zu entwickeln.
Knallharte Forderungen der Arbeitgeberseite werden hingegen die Tarifgespräche bestimmen, die in der kommenden Woche beginnen. Hnyk rechnet mit „sehr harten Verhandlungen“ über Arbeitszeiten. Die Reedereien forderten bereits ein „Zwei-Schichten-Modell“, wie es auf den Kotug-Schleppern praktiziert wird.
Vor Beginn dieser Verhandlungen möchte Bugsier-Betriebsrat Helmut Schwichtenberg keine Einschätzung abgeben. „Man lernt, vorsichtig umzugehen mit dem, was man hat.“ Stefanie Winter
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