piwik no script img

Mit MyPegasus auf Du und DuVulkan, fast Osten

■ Ulrike Bohnenkamp, Auffängerin

Die Bezeichnung „Beschäftigungsgesellschaft“ mag Ulrike Bohnenkamp gar nicht für die MyPegasus Bremen/Bremerhaven GmbH, die sie als Geschäftsführerin aus dem Boden stampft. Die Werftarbeiter stünden hier in einem „normalen Arbeitsverhältnis“. Allerdings nur vorübergehend, denn es sei „integraler Bestandteil“ des Konzeptes, die Gesellschaft nach Erfüllung ihres Zwecks aufzulösen und mit ihrem Dutzend Mitarbeiter weiterzuziehen. Feste Strukturen zu schaffen wäre ein „fatales Signal“, schließlich sollen doch möglichst viele Menschen binnen eines Jahres den Ausstieg schaffen.

In Bremen ist Ulrike Bohnenkamp keine Unbekannte. Einst begann die heute 37jährige Diplom-Ingenieurin für Raumplanung hier bei einem Wirtschaftsforschungsinstitut. Später begleitete sie als Referentin im Arbeitsressort das Programm für Berufsrückkehrerinnen. Staatsrat Arnold Knigge bedauert, daß ihm die IG Metall die Spezialistin für Arbeitsmarktpolitik abgeworben hat.

1994 wechselte sie ins Beschäftigungs-Imperium des Reutlinger Arbeitnehmeranwalts Jörg Stein. Steins Mypegasus Beteiligungsgesellschaft ist Mutter des Ablegers an der Weser. Der Vulkan sei zwar der größte Fall einer Auffanglösung über strukturelles Kurzarbeitergeld, den es im Westen bisher gegeben habe, sagt Bohnenkamp, mit kleineren Unternehmen habe man jedoch sehr wohl Erfahrungen. Im Osten dagegen sei seit 1990 die halbe Industrie in ähnlicher Weise über die Treuhandanstalt abgewickelt worden. Anwalt Stein hat dabei Zigtausende von Menschen vorübergehend beschäftigt.

Auch Bohnenkamp kennt Auffanglösungen auch im Westen: Als die DASA 1995 ihr Werk in Wedel dichtmachte, standen 236 Mitarbeiter auf der Straße. 152 wechselten freiwillig in die von ihr geführte Beschäftigungsgesellschaft. „Nach Ablauf der Förderungszeit am 31. März 1996 mußten wir nur 10 Prozent der Kollegen in die Arbeitslosigkeit entlassen“, berichtet Bohnenkamp stolz. Die anderen seien in neue Jobs vermittelt worden. 21 hätten neue Existenzen gegründet, die meisten als Einzelkämpfer, aber auch drei kleine Technologiefirmen seien entstanden.

Nach Wedel opferte die dynamische 37jährige ihren Jahresresturlaub und ging zur Trägergesellschaft Schiffbau Rostock, die 200 Mitarbeiter der Warnow-Werft auffängt, die die neuen Besitzer vom norwegischen Kvaerner-Konzern nicht übernehmen wollen. Neu sei an der Aufgabe in Bremen die Masse der Betroffenen und die Tatsache, daß sich die Firmen im Konkurs oder Vergleich befänden und kein Geld für die Auffanglösung beisteuerten. jof

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen