■ Mit Menschengenen in Tieren auf du und du: Stier Herman lebt
Amsterdam – Im Juni dieses Jahres hätte Herman, erster Stier mit menschlichem Erbmaterial, eigentlich sterben sollen. Das war eine der Bedingungen, unter denen die niederländischen Behörden das Experiment überhaupt zugelassen haben. Doch Gene Pharming, eine in Leiden und Poelsdorp ansässige Firma, fragte an, ob Herman nicht doch am Leben bleiben dürfe. Die drei Regierungsparteien zeigten sich im Prinzip damit einverstanden. Allerdings müsse das Tier kastriert werden.
Daraufhin sah sich Nutricia, nach der Übernahme von Milupa größter Babynahrungshersteller Europas und von Beginn an an dem Genexperiment beteiligt, mit einer Anzeigenkampagne in mehreren Tageszeitungen konfrontiert. Der niederländische Tierschutzbund, die Stiftung Natur und Umwelt sowie der Alternative Konsumenten-Bund fragten: Wie weit geht Nutricia?, und zeigten ein vor Angst schreiendes Baby, das von Babynahrungsflaschen mit stilisiertem Kuhfell bedroht wird. Die drei Organisationen warnten, Nutricia müsse damit rechnen, zu einem NEEtricia zu werden – wenn die Firma nicht sofort die Experimente mit dem Stier Herman und seinen Nachkommen stoppe. Inzwischen hat Herman nämlich bereits 50mal Nachwuchs gezeugt.
Schließlich traf man sich vor Gericht – Nutricia wollte eine einstweilige Verfügung gegen die Kampagne. Bei der letztendlich beschlossenen gütlichen Einigung versprach Nutricia, sich ein Jahr lang aus dem Experiment herauszuhalten. Offenbar will der Konzern versuchen, Patienten-Organisationen auf die Seite zu bekommen. Schließlich sei die Lactoferrin-Milch als Medizin gedacht, so Nutricia. Die Kritiker nehmen jedoch an, daß die Milch der Herman- Töchter als Lebensmittel verkauft werden soll – schließlich sei Nutricia ein Nahrungsmittel- und kein Pharmakonzern. Außerdem lasse sich das Lactoferrin auch mit Bakterienkulturen erzeugen; die Genmanipulation sei dafür überflüssig.
Weil beide Positionen unvereinbar sind, wird der Gerichtstermin nicht der letzte gewesen sein. Ed van Zutphen
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