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Archiv-Artikel

Mit Koteletten

Meister der lakonischen Selbstinszenierung: Jimi Tenor setzt neuerdings auf feisten Fusion-Funk

Nach Techno gefragt, gab Jimi Tenor vor ein paar Jahren in einem Interview an, er habe bereits 1994 angefangen, solchen zu produzieren, „und schon damals sah alles nicht besonders gut aus“. Noch nicht ganz so lange ist es her, dass der notorische Träger markanter Brillengestell-Monstren als mittlere Sensation gehandelt wurde – gerade in Technokreisen. Die Tatsache, dass der Finne auf dem dortigen Label Sähkö veröffentlichte, insbesondere aber sein Track „Take Me Baby“, ließ die Dinge klar erscheinen: Tenor, der Elektronik-Weirdo, der Kaurismäki des Techno.

Doch ist Tenor kein Mann des festgelegten Images. Spätestens seit der Erlangung internationaler Bekanntheit setzt er alles daran, kursierende Bilder seiner Person zu widerlegen. Techno interessiert ihn erklärtermaßen schon seit längerem nicht mehr, statt erwartungsgemäßer Bassdrum-Minimalismen legte er da lieber obskuren Soul und kruden Easy Listening auf.

Letzterer musikgewordener Kuschelbehaglichkeit kehrte er wiederum den Rücken und gab den desinteressierten, Journalisten verzweifeln machenden Interviewkiller, um bald darauf wieder mit der Neuen Musik zu kokettieren, die ihn während seines Kompositionsstudiums („Ich war ein schlechter Student, richtig schlecht.“) beschäftigt habe. Nach dem Album Out Of Nowhere, so großorchestral wie unverkäuflich, wurde es sogar der langmütigen Geschmackssecurity des Warp-Labels zu bunt.

Seinen nächsten Tonträger finanzierte Tenor angeblich selbst vor, und mit dem ehemaligen Berliner Indie-Flaggschiff Kitty-Yo, wo Higher Planes veröffentlicht wird, hat er nicht mal einen schriftlichen Vertrag, so ist zu hören. Die BigBand-Grandezza ist einem verschwiemelten 70s-Fusion-Funk gewichen, der ohne Augenzwinkern auskommt, dadurch aber kein bisschen an Vertrauenswürdigkeit gewinnt. Unterhaltsam ist das allemal und ganz erstaunlich klug, ohne belesen daherzukommen. Ob Tenor neuerdings die passenden Koteletten trägt – zur Brille, versteht sich? Alexander Diehl

Mittwoch, 21 Uhr, Fabrik