■ Mit Indiens Automarkt auf du und du: Massenandrang
Neu Delhi (dpa/taz) – Manager von Automobilkonzernen stehen in Indien Schlange. Von Chrysler über DCM-Daewoo, Honda zu Mitsubishi, von BMW über Fiat und Ford, Opel und Peugeot bis zu Mercedes und Volkswagen: Kaum ein internationales Unternehmen, das nicht dabei sein will, wenn es gilt, zusammen mit indischen Partnern auf dem Subkontinent den Automarkt aufzubauen. Zwar dämpfen Wirtschaftsbeobachter die Erwartungen. Doch die wachsende Kaufkraft einer auf 150 bis 200 Millionen Menschen geschätzten Mittelschicht in Indien lockt die Konzerne dennoch.
Bisher rollen auf indischen Straßen die altertümlichen Ambassadors, alte Fiatnachbauten und Tatas — die Nobelkarosse unter den indischen Autos. Seit einigen Jahren mischen sich immer öfter die kleinen 800- Kubikzentimeter-Maruti-Suzuki-Flitzer und die Geländewagen dieses Joint-ventures darunter. Maruti Udydog beherrscht den Neuwagenmarkt. Zur Zeit kommen 77 Prozent aller neuen Autos in Indien von diesem halbstaatlichen Unternehmen, schreibt das Nachrichtenmagazin India Today. Doch die Konkurrenz naht. Vor allem der im nächsten Jahr auf den Markt kommende Fiat-Uno werde Maruti bedrängen, heißt es. Und auch andere Autobauer wollen von der Liberalisierung profitieren. Mindestens acht neue Fahrzeugmodelle sollen allein bis zum Sommer nächsten Jahres Käufer finden. Mercedes beispielsweise hat die ersten offiziellen Bestellungen für den im vergangenen Monat in einer pompösen Show in Neu Delhi vorgestellten E 220 entgegengenommen. Taxiunternehmen, Hotelketten und Luftfahrtgesellschaften sollen die in Zusammenarbeit mit dem indischen Unternehmen Telco of India produzierten drei Modelle der alten E 220er-Version abnehmen. Bis zum Jahr 2000 sollen jährlich 20.000 Fahrzeuge vom Band rollen, die Hälfte davon für den indischen Markt.
Ein Vorstandsmitglied der indischen Eicher-Gruppe erklärte jüngst, alle Zeichen stünden gut, daß sein Unternehmen die Zusammenarbeit mit Volkswagen verkünden könne. Bevor sich die Planungen für den Bau von Golf und Polo aber konkretisieren, müssen offenbar Probleme mit der Regierung aus dem Weg geräumt werden. Verhandlungen mit der Regierung führen auch Hero Motors und BMW, Ford, Honda und Mitsubishi.
Untersuchungen gehen davon aus, daß sich die Nachfrage auf dem Neuwagenmarkt bis zum Jahr 2000 mindestens verdoppeln wird. Die Vereinigung indischer Automobilhersteller rechnet damit, daß die Verkaufszahlen von 240.000 Autos im Verkaufszeitraum 1994/95 auf 850.000 zum Ende dieses Jahrhunderts steigen. Andere rechnen gar mit einer Nachfrage von einer Million neuer Blechkisten.
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