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■ Mit Haushaltskratern auf du und duBundesbank-Zahlen

Berlin (AP/dpa/taz) – Die deutsche Bundesbank hat für die öffentlichen Kassen im Jahr 1993 eine Rekorddefizit von 220 Milliarden Mark errechnet – 60 Milliarden mehr als im Vorjahr. Zum einen seien wegen der schlechten Konjunkturlage deutlich weniger Steuern und Abgaben eingenommen worden als prognostiziert. Gleichzeitig habe sich aber vor allem der Zuschußbedarf der Bundesanstalt für Arbeit erheblich erhöht, heißt es im neuesten Monatsbericht der Bundesbank. Rechne man die diversen Schattenhaushalte der Sozialversicherungen, der Treuhand, von Post und Bahn ein, ergebe sich schließlich das Gesamtminus von 220 Milliarden Mark für das Gesamtjahr 1993, sieben Prozent des Bruttosozialprodukt.

Scharfe Kritik äußerten die Frankfurter Währungshüter an der Ausgabenpolitik des Staates. Allein die gestiegenen Zuschüsse an die Bundesanstalt für Arbeit und die Mehraufwendungen des Bundes für die Arbeitslosenhilfe hätten für fünf Prozent mehr Staatsausgaben im Bundeshaushalt gesorgt.

Der Blick auf das dritte Quartal 1993 zeigt, warum: Im Westen hatte die Bundesanstalt von Juli bis September 6,5 Milliarden Mark Überschuß erzielt, sie wird aber im Osten zur Finanzierung von Beschäftigungsgesellschaften und anderen strukturpolitischen Maßnahmen herangezogen. Ihr Defizit dort: 11 Milliarden Mark in nur drei Monaten.

Während die Staatsausgaben beim Bund so um acht Prozent und bei den alten Bundesländern um vier Prozent gestiegen seien, hätten sich die Steuereinnahmen nach der jüngsten offiziellen Prognose lediglich um zwei Prozent erhöht. Vor allem im Osten seien die Personalausgaben der Länder stark gestiegen.

Bei den Kommunen schlug vor allem die Erhöhung der Sozialhilfeleistungen ins Kontor. Hier mußten die Gemeinden 15,5 Prozent mehr ausgeben. In Westdeutschland erreichte das Defizit der Gemeinden im ersten Halbjahr 1993 dadurch 7,25 Milliarden Mark, nach 5,5 Milliarden im gleichen Zeitraum 1992.

Abhilfe von einer wieder anspringenden Konjunktur sahen die Währungshüter nicht. Deswegen mahnten sie für das kommende Jahr als einzige Medizin einen strengen Sparkurs an. Neue Steuern würden selbst die trüben Aussichten auf einen Aufschwung noch vermindern. Es bestehe die reale Gefahr, daß das Gesamtdefizit 1994 weiter ansteige.

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