■ Mit Gundremminger Aktionen auf du und du: Fünf Jahre Störung
Berlin (taz) – 1990 schien die große Zeit der Demonstrationen gegen die Atomenergie zu Ende. Die Katastrophe von Tschernobyl lag vier Jahre zurück, Becquerels mochte niemand mehr zählen, und die Atomindustrie selbst hatte den Plan einer Wiederaufbereitungsanlage aufgegeben. Doch am 26. April, mitten in dieser scheinbaren Ruhe, begannen vor dem AKW Gundremmingen neue Demonstrationen. Sigrid Bernbach, Rolf Hiemer, Alfred Braun und Konrad Link nannten ihre Initiative schlicht „Mahnwache“, denn genau das war ihre Form des Protests.
Als am 19. Februar in der damaligen Sowjetunion Opfer von Tschernobyl in den Hungerstreik traten, fastete auch die Mahnwache vor Gundremmingen – vom 5. bis zum 13. März zum erstenmal, dann wieder vom 6. bis 9. August.
Am 21. Januar 1991 blockieren 20 Leute 24 Stunden lang die Schienen zum AKW, ein Transport verbrauchter Brennelemente mußte um einen Tag verschoben werden. Am 28. Januar und 12. Februar wird die Aktion wiederholt, die Polizei nimmt die Mahnwachenmitglieder fest.
Am 14. Dezember 1991 und am 20. Juli 1992 finden Gespräche mit der AKW-Leitung statt. Ohne Erfolg. Am 6. August blockiert die Mahnwache wieder die Zufahrt. Sechsmal räumt diesmal die Polizei.
Am 15. Februar 1993 spricht das erweiterte Schöffengericht in Günzburg Rolf Hiemer und andere Mitglieder vom Vorwurf der Nötigung frei. Im selben Jahr werden die Geleise 13mal besetzt. Zur fünften Aktion kommt auch Greenpeace hinzu. Am 13. September montieren Mahnwachenmitglieder zum erstenmal eine Schiene ab. Sie erstatten Selbstanzeige wegen Sachbeschädigung – das Schienenstück war verrostet. Am 13. Dezember wird wieder an den Schienen geschraubt. Eine Hundertschaft der Polizei schreitet ein und verhindert die Vollendung der Tat.
Im Februar 1994 erlaubt das bayrische Umweltministerium den Einsatz von von MOX- Brennelementen in Gundremmingen. Der Stadtrat von Günzburg klagt, die Mahnwache sammelt Unterschriften, vom 6. bis 9. Juni finden Atkionstage vor dem AKW statt – zum erstenmal sind die Grünen dabei.
Am 10. Oktober versucht Konrad Link ganz allein einen Brennelementetransport zu blockieren. Drei, dann sechs Mahnwachenmitglieder besetzen am 17. Oktober, am 7. und 14. November die Schienen.
1995 verurteilen Gerichte vier Mitglieder zu jeweils 15 Tagessätzen. Die Aktionen werden trotzdem fortgesetzt: mit einer Malaktion und Strohballen auf der Schiene gegen den ersten Castortransport nach Gorleben. kw/nh
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