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■ Mit Großverdienern auf du und duManager langen zu

Berlin/Düsseldorf (taz/dpa) – Wenn in der Rezession die Unternehmensgewinne schrumpfen, ist schnell klar, wo gespart werden soll: bei den Personalkosten. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT), der Motorsägenproduzent Hans Peter Stihl, forderte kürzlich für die Tarifverhandlungen im kommenden Jahr eine Nullrunde.

Den Gürtel enger schnallen sollen aber doch bitte die anderen, finden die Unternehmensführer. Mitten im Rezessionsjahr 1992 gönnten sich die Topmanager Gehaltsaufstockungen, die sich teilweise im Bereich zweistelliger Prozentzahlen bewegen. Spitzenreiter waren die Vorstandsmitglieder von Schickedanz (Quelle). Nach Berechnungen des Manager-Magazins verdienten sie 1992 55,9 Prozent mehr als im Jahr davor. Ebenfalls gut bedient haben sich die Vorständler von Linotype-Hell (Satz- und Reproduktionstechnik) mit einem Zuwachs von 41 Prozent.

In Konzernen mit über zehn Milliarden Mark Umsatz trägt heute praktisch kein Vorstandschef weniger als eine Million Mark im Jahr nach Hause. Am besten verdient man als Vorständler beim Gütersloher Medienriesen Bertelsmann. Ein Bertelsmann-Vorstandsmitglied verdient rund 250.000 Mark im Monat (hundertmal soviel wie der gemeine Tazler). Fast fünf Prozent des Jahresüberschusses blättert das Unternehmen für seine zehn Topmanager hin; eine Gehaltserhöhung von 23 Prozent war da letztes Jahr auch drin. Vorstandsvorsitzender Mark Wössner gilt mit einem Jahressalär von vier bis fünf Millionen Mark als bestbezahlter deutscher Manager.

Die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens spielt dabei für Manager keine Rolle. Obwohl beispielsweise beim Waschmittelhersteller Henkel die Gewinne 1992 fast um zehn Prozent fielen, wurden für den Vorstand 13 Prozent mehr gezahlt.

Um die offensichtlich willkürlichen Managerbezüge unter Kontrolle zu bekommen, will jetzt die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz in Düsseldorf Unternehmensvorständen und Aufsichtsräten ein in der Schweiz diskutiertes Modell schmackhaft machen: Danach soll ein Spitzenmanager maximal das 25fache des Betrages erhalten, den ein Durchschnittsangestellter seines Unternehmens verdient. Einschnitte sind aber bei den Unternehmen trotz Krise tabu: Den harten Sparkurs des Thyssen-Vorstandes, der 1993 seine festen Bezüge zwischen fünf und zehn Prozent kürzte, will kein Unternehmen nachahmen. lieb

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