■ Mit Gentech-Viren auf du und du: Schweine im Labor
Berlin (taz) – Am 31. März gab das Bundesgesundheitsamt in Berlin eine Premiere der eher unheimlichen Art bekannt. Zum erstenmal darf in Deutschland ein lebender Organismus verkauft werden, der in ein einem gentechnischen Labor entstand. Es handelt sich um das Produkt Nobi Porvac Aujeszki lebend des niederländischen Herstellers Intvet: Ein Impfstoff gegen die Aujezszkysche- Krankheit, die immer öfter in den Massenställen für Mastschweine epidemisch wird.
Der wirtschaftliche Schaden ist groß, eine zur vorbeugenden Impfung geignete, harmlose Variante des Erregervirus ist seit langem auf dem Markt. Aber dieses lebende Arzneimittel mußte bislang umständlich gezüchtet werden. Die Niederländer gehen nun effektiver zur Sache: Dem Virus wird im Labor ein Gen weggeschitten. Damit geimpft, bilden Schweine die nötigen Antikörper aus, kleine Visitenkarte als Zutat: Ein weiteres Gen der Impfviren wird beschädigt, damit das Medikament von der Krankheit unterscheidbar bleibt. In mehreren europäischen Ländern war das Produkt bereits im Einsatz, als die EG ihre Gentechnik-Verordnung erließ. Eine deutscher Vermarkter stellte den nun fällig gewordenen Zulassungsantrag, dem Berliner Gesundheitsamt oblag die Begutachtung. „Ein normales Verfahren“, sagt die Behörde, die zum Ergebnis kam, daß „schädliche Einwirkungen nach dem Stand der Wissenschaften nicht zu erwarten“ sind. Diese Erkenntnis ergab sich aus den Unterlagen des Herstellers, die unter Berücksichtigung „weltweiter Publikationen“ nachvollziehbar gewesen seien – wenn auch nicht sogleich. Etliche Fragen seien offen gewesen, dann aber vom Hersteller befriedigend beantwortet worden. Die deutsche Vertretung in der EG-Kommission empfahl die Zulassung des Virus. Alle Bedenken waren damit nicht ausgeräumt. Die dänische Vertretung erhob noch in der Schlußabstimmung Einwände – in Dänemark ist die Aujezszky-Krankheit selten. nh
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