■ Mit Freihandelsträumen auf du und du: Chile wollte eigentlich in die Nafta
Buenos Aires (taz) – Eigentlich hätte alles anders kommen sollen. Chile sollte als erstes Land Südamerikas Mitglied der Nafta werden, der nordamerikanischen Freihandelszone mit Kanada, USA und Mexiko. Doch nach der Mexikokrise nehmen die USA Abstand von weiteren Freihandelsabenteuern. Außerdem hätte die Clinton-Regierung einen Nafta- Beitritt im Kongreß nicht durchgebracht. Demokratische wie republikanische Senatoren fürchten, daß durch die Öffnung der Märkte Arbeitsplätze in den USA verlorengingen.
Noch vor kurzer Zeit hörte man ganz andere Töne aus Washington. „Ab Mai werden alle Staaten Lateinamerikas und der Karibik die Möglichkeit erhalten, sich dem Nordamerikanischen Freihandelsabkommen (Nafta) anzuschließen“, erklärte John R. Dawson vom Büro für interamerikanische Angelegenheiten im US-Außenministerium im Februar. Und auf dem „Gipfel der Amerikas“ in Miami im Jahr 1994 wurde noch ein Aktionsplan beschlossen, wonach bis zum Jahr 2005 die Verhandlungen über die Schaffung einer Free Trade Area of the Americans (FTAA), einer Freihandelszone von Alaska bis Feuerland, abgeschlossen sein sollen. Mexiko und Chile galten als die ersten Partner für ein solches Projekt. Doch für Chile scheint der Mercosur ohnehin die bessere Wahl. Vierzehn Prozent seines Außenhandels wickelt Chile mit den südamerikanischen Nachbarn ab. Dabei sind die exportierten Güter vor allem industriell verarbeitete Produkte. In die Nafta fließen zwar rund 20 Prozent der chilenischen Exporte, jedoch vor allem Gemüse und Obst. Diese Produkte sind aber von den Nordländern ohnehin nur mit einem geringen Außenzoll von drei Prozent belegt. Zudem haben die USA wissen lassen, daß sie nur landwirtschaftliche Produkte von Chile importieren wollen. Somit bliebe das Land auf Dauer ein Rohstoffproduzent.
Zudem träumten nicht alle in Chile von einer Nafta-Mitgliedschaft. Vor allem die Unternehmer fürchteten die Konkurrenz aus dem Norden. Sie wehrten sich heftig gegen mögliche Umwelt- und Arbeitsschutzklauseln, die mit der Nafta auf Chile zukommen können. Solche Auflagen würden die Investitionskapazitäten des Landes übersteigen. Es gelte zu verhindern, daß „unter dem Deckmantel von Umweltnormen eine Protektionismus-Klausel“ eingeführt werde, warnte José Guzmann, Präsident des „Produktions- und Handelsbündnisses“ CPC. Und immerhin gibt es in den Mercosur-Staaten auch 200 Millionen – wenn auch meist arme – Konsumenten. Ingo Malcher
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