■ Mit Chemnitz auf du und du: Nordkorea-High-Tech
Chemnitz (taz) – Nordkorea bringt High-Tech nach Chemnitz – bis heute aber nur auf dem Papier. Dem im September 1995 vereinbarten Bau eines Euro-Asiatischen Hochtechnologiezentrums in der sächsischen Industriestadt droht das finanzielle Aus. Eine Bürgschaft für das sensationelle Projekt wurde von der Landesbank Sachsen abgelehnt, seitdem sucht die Stadt im In- und Ausland nach privaten Investoren.
Das Vorhaben mit einem Investitionsvolumen von 750 Millionen Mark sollte von einem Bankenkonsortium kreditiert und über Vermarktung von Lizenzen und Patenten refinanziert werden. Im Dezember sah sich die Landesbank Sachsen genötigt, ihr Finanzierungsangebot zurückzuziehen. Offiziell heißt es bei der Bank, dem Konzept habe eine „entscheidungsfähige Grundlage“ gefehlt.
Der Chemnitzer CDU-Landtagsabgeordnete Wolf-Dieter Beyer kritisiert das Nordkorea- Projekt als „Investition ohne Investor“ und verweist auf die katastrophale Wirtschaftslage der abgeschotteten Volksrepublik. Doch Chemnitz gibt die Hoffnung nicht auf. Solange Nordkorea Interesse am Standort zeige, werde die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt sich „wie bei jedem anderen Projekt um die Realisierung bemühen“, gibt Pressesprecher Andreas Bochmann zu verstehen. „Wenn sich neue Aspekte bezüglich der Struktur des Projektes ergeben sollten“, bestätigt Sachsen-LB-Referentin Antje Zimmer der taz, „sind wir offen für weitere Gespräche.“
Für den Aufbau eines Euro- Asiatischen Hochtechnologiezentrums in Chemnitz hatten der Chemnitzer Oberbürgermeister Peter Seifert (SPD) und der Repräsentant Nordkoreas bei den Vereinten Nationen in Genf, Ri Tscheul, eine Absichtserklärung unterzeichnet. Noch im vergangenen Jahr sollten die Bauarbeiten beginnen. Das High-Tech-Zentrum sollte 650 Arbeitsplätze für deutsche und nordkoreanische SpezialistInnen bereitstellen. Nordkorea, so die Rechnung der Chemnitzer Wirtschaftsförderer, könnte dort militärisches Know-how in zivile Forschungs- und Entwicklungsprojekte einbringen, so zum Beispiel bei der Abwasserbehandlung. Detlef Krell
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen