■ Mit Cebit-Neuheiten auf du und du III: Allzeit bereit
Hannover (taz) – Abends, wenn die Computermesse Cebit ihre Tore geschlossen hat, sieht man sie in Restaurants, Hotels, U-Bahn-Stationen und der Bahnhofshalle: Herren, die mit wichtiger Mine ein kleines Handtelefon aus der Jackentasche ziehen, hektisch auf die Tasten drücken und im Befehlston in das mouthpiece schreien. Die Kürzel D1 und D2 sind zum wichtigen Thema avanciert. Sie stehen für die neuen digitalen Funktelefonnetze und sind hochideologisch aufgeladen: betreibt doch die Postbehörde Telekom das D1-Netz und die private Mannesmann Mobilfunk GmbH D2.
Die Mehrheit der allzeit digital erreichbaren Männer, 150.000, funkt mit Mannesmann, gegenüber den 100.000, die der Post die Treue halten. Die Privaten, so das zum Urteil geronnene Vorurteil, verfügen über ein stabileres Netz und liefern die handies schneller aus. Mit dem schwedischen Elektronikkonzern Ericsson haben die Mannesmänner offenbar tatsächlich den besseren Partner gefunden. Ericsson liefert nicht nur die zuverlässigere Übertragungstechnik, sondern auch kleinere Telefone – und die kleinsten sind in diesem statussymbolischen Geschäft nunmal die größten.
Anders als die PC-Hersteller rechnen sich die Mobilfunker hervorragende Geschäfte aus. Das herkömmliche analoge (computerfreie) Telefonfunknetz (C-Netz) läßt sich nur kurz über die engen deutschen Grenzen hinaus nutzen. Die D-Netze umspannen schon den europäischen Kontinent. Und seit Januar ist das E1-Netz im Aufbau, das um die ganze Welt reichen soll – dann darf die E-plus Mobilfunk GmbH, angeführt von Thyssen und Veba, auf Beutezug gehen.
Das Massengeschäft, das sich die Netzbetreiber mit ihren Milliardeninvestitionen erhoffen, könnte dennoch scheitern. Ein US-Amerikaner behauptet nämlich, daß der tödliche Gehirntumor seiner Frau durch die elektromagnetischen Felder verursacht wurde, die beim mobilen Telefonieren entstehen. Experten sind sich zwar darüber einig, daß drahtloses Dauertelefonieren zu grauem Star führen kann, weil sich die vordere Kopfpartie stark erwärmt, das Auge nicht schwitzen und sich so die Linse eintrüben kann. Die Entstehung von Krebs aber halten viele nicht für nachweisbar – das Gegenteil allerdings auch nicht. Konsumforscher sagen deshalb dem Mobiltelefon bereits eine schwierige Zukunft voraus: sicherheitshalber werden wohl viele weiterhin zum erdleitungsgebundenen, dennoch weltumspannenden Normaltelefon greifen. dri
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