■ Mit Autoverzicht auf du und du: Benzinkutschen ade
Göttingen (taz) – Zumindest in dieser Dimension ist das Vorhaben bislang einmalig: 20 Göttinger Autofahrerinnen und Autofahrer wollen acht Wochen lang auf die Nutzung ihrer Blechkiste verzichten. Samstag motteten sie auf dem Göttinger Marktplatz ihre Fahrzeuge symbolisch ein und gaben die Zündschlüssel ab.
Die teilnehmenden Familien und Einzelpersonen werden bis zum 11. Juni umweltverträgliche Alternativen zum Auto ausprobieren. Die Organisatoren der Kampagne – ein buntes Bündnis aus Umweltgruppen, Uni-Instituten, Gewerkschaften und den kommunalen Stadtwerken – bieten allerlei Hilfestellungen an, die den Verzicht auf die Benzinkutsche leichter machen sollen. Für den Transport von Bier- oder Sprudelkisten werden kostenlos Fahrradanhänger verliehen. Fahrradkuriere offerieren ihren Service zum Schnupperpreis, und wer das verwirrende Liniennetz der Stadtbusse nicht durchschaut, bekommt von den Stadtwerken eine individuelle Einführung. Überdies brauchen die TeilnehmerInnen aufs Auto nicht ganz zu verzichten: Das „Stadtteilauto“ und ein Taxi-Unternehmen haben den Beteiligten Sondertarife eingeräumt.
Von den eher schlechten Erfahrungen vergleichbarer Initiativen läßt sich das Göttinger Bündnis nur bedingt beeindrucken. Ihr sei schon klar, daß sich eine „Massenbewegung gegen das Auto“ so schnell nicht aufbauen lasse, sagt eine Teilnehmerin. Auch Pastor Norbert Liebermann und seine fünfköpfige Familie finden „es überhaupt nicht schlimm, daß wir nur so wenige sind. Dann gibt's wenigstens Platz im Bus.“
Ein Zuckerschlecken wird die autofreie Zeit für die Beteiligten nicht. Außer der Lösung ganz praktischer Fragen ist auch zusätzliche Arbeitsleistung angesagt: Alle, die ihr Auto in der Garage lassen, sollen zu Auswertungszwecken in der autolosen Zeit ein detailliertes „Bewegungstagebuch“ führen. Reimar Paul
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