■ Mit ADAC-Ideen auf du und du: Umweltschutz am Dreckort
Berlin (taz/dpa) – Sie meinen es offenbar ernst. Gestern traten Umweltminister Klaus Töpfer und ein Vertreter vom ADAC vor die Presse und verkündeten: Die rund 600 Tankstellen und Raststätten an den Autobahnen sollen zum Vorbild und „Aushängeschild deutscher Umweltpolitik“ werden – eine ähnlich durchschlagende Idee, wie mit Mehrweggeschirr im Flugzeug den Luftverkehr ökologisch zu gestalten.
Wo der Müll getrennt gesammelt und die Klos mit Sparspülungen ausgerüstet werden, soll demnächst das „Umwelt-Eichhörnchen“ zu Hause sein – natürlich als Plastikaufkleber, nicht als lebendiges Wesen. Krach und Abgase würden den possierlichen Tieren wohl zu schnell den Garaus machen. Die Investitionen von etwa 150.000 Mark pro Raststätte rechnen sich innerhalb von fünf Jahren, berichtete ein Raststättenbetreiber, der sich schon länger umweltfreundlich gibt.
Allerdings hat er beobachtet, daß seine Kundschaft die Mehrwegflaschen im Regal stehen läßt und statt dessen Dosen verlangt. Angeblich 100.000 Mark Verlust dadurch ließen ihn schnell zu Ex-und-Hopp-Verpackungen zurückkehren. Seine Kundschaft darf sich dennoch als umweltfreundlich empfinden – schließlich hat sie ja eine vom Umweltminister ausgezeichnete Lokalität aufgesucht.
Und mit der gleichen Masche können sich die Automobilisten auch sonst beruhigen. Obwohl der motorisierte Individualverkehr Luftverschmutzer Nummer eins und Klimakiller Nummer eins ist, gibt es fürs Gewissen Absolutionsmechanismen. Mercedes-Benz wirbt für seine gigantischen Nobelschlitten mit bis zu 394 Pferdestärken: „Die neue S-Klasse darf nunmehr für sich in Anspruch nehmen, Pionier in Sachen Umwelttechnik zu sein.“ Indem die Klimaanlage ohne FCKW betrieben wird, schützt Mercedes unser Weltklima.
Daß hinten aus dem Auspuff Stickoxide, Kohlenwasserstoffe, Kohlenmonoxide, Ruß und noch ein paar Schadstoffe mehr herauskommen, ist bedauerlich für den Wald und die demnächst in Bangladesch durch den steigenden Weltwasserspiegel landlos werdenden Bauern. Aber „Tatsache ist, daß der Verkehr Bestandteil unseres Lebens und unserer Gesellschaft ist“, so der Vorstandsvorsitzende von Mercedes, Helmut Werner, kürzlich in der Zeit. Aber auch die Konkurrenz macht auf Öko. Opel startete „Initiativen für die Umwelt“, und BMW sorgt sich seit Jahren um eine Verkehrsberuhigung in München. aje
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen