Misshandlungen bei der Schweizer Polizei: Fußtritte, Schläge, Würgen, Hundebisse
Das Anti-Folter-Komitee des Europarats erhebt harte Vorwürfe gegen die Schweizer Polizei. Insbesondere in Genf berichten zahlreiche Gefangene über schwere Misshandlungen.
GENF taz Das Anti-Folter-Komitee des Europarats in Straßburg hat das brutale Vorgehen von Schweizer Polizisten gegen Häftlinge und verdächtigte Personen angeprangert. Vor allem in Genf würden Verdächtige bei der Festnahme oft von Polizisten misshandelt, stellten die Experten in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht fest. "Derartige Verhaltensweisen sind inakzeptabel", hält das Komitee fest. "Die Schweizer Behörden sollten diese Gewalttaten der Polizei entschieden verurteilen."
Im Rahmen der regelmäßigen Überprüfung aller 47 Mitgliedsstaaten des Europarats auf die Einhaltung der Antifolterkonvention hatte eine Delegation im Herbst 2007 Polizeiwachen, Gefängnisse und Abschiebezentren für Ausländer in den Kantonen Aargau, Bern, Genf, Solothurn, Wallis und Zürich besucht. Vor allem im Genfer Gefängnis Champ-Dollon berichteten zahlreiche Häftlinge, sie seien bei der Festnahme von Polizisten schwer misshandelt worden. Ihre Aussagen wurden von ärztlichen Bescheinigungen des Gefängnisarztes untermauert, heißt es in dem Bericht.
Demnach wurden zwischen Anfang Januar und Ende September 2007 bei 136 neu eingewiesenen Häftlingen Spuren von Gewalt festgestellt - vor allem Blutergüsse, Prellungen und Würgemale. Ein 19-Jähriger berichtete, Beamte hätten ihm Faustschläge verpasst und einen Polizeihund auf ihn gehetzt, als er bereits gefesselt am Boden gelegen habe. Bei seiner Ankunft im Gefängnis stellte der Arzt Bisswunden, Prellungen und ein gebrochenes Nasenbein fest.
Besonders Besorgnis erregend seien auch Würgemethoden, durch die Festgenommene zum Ausspucken verschluckter Drogen gezwungen würden, heißt es in dem Bericht des Antifolterkomitees. "Wir sind über diese Befunde überrascht und besorgt. Derartige Beschwerden haben wir in der Schweiz noch nicht erlebt", erklärte der belgische Delegationsleiter des Antifolterkomitees, Marc Nève.
Die Schweizer Regierung versichert in ihrer Antwort auf den Bericht, die rund 1.600 Genfer Polizisten seien in einem Rundschreiben zu korrektem Verhalten ermahnt worden. Nach Auskunft der Regierung wurden 2007 im Kanton Genf 30 Anzeigen wegen Misshandlungen durch Polizisten erstattet. Nur eine führte zu Disziplinarmaßnahmen gegen einen Polizisten.
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