piwik no script img

Mißhandelt Bremer Polizei Flüchtlinge?

Afrikaner werfen Beamten, insbesondere des 3. Bremer Polizeireviers, vor, sie mit Elektroschocks, Tritten und schweren Schlägen mißhandelt zu haben/ Polizeipräsident spricht von „Hetzkampagne“  ■ Aus Bremen Birgit Rambalski

Allein ihrer Hautfarbe wegen würden sie verdächtigt und bei „Routineuntersuchungen“ von Polizisten zusammengeschlagen, getreten und mit Gummiknüppeln verprügelt. Übereinstimmend machen afrikanische Flüchtlinge in Bremen dafür eine Wache verantwortlich: das 3. Revier in Peterswerder, in dem auch die Sondergruppe für Drogen- und Straßenkriminalität untergebracht ist. Einige Afrikaner berichten sogar von Elektroschocks aus sogenannten „Viehtreibern“, mit denen sie — oft in Einzelzellen im Keller — mißhandelt würden, angeblich, um in ihrem Körper versteckte Drogen aufzuspüren. Ihre Schuhe hätten sie aus- und mit Wasser gefüllt wieder anziehen müssen. Außerdem hätten Polizisten sie in der Wache mit Wagenschmiere „eingesalbt“ und übel beschimpft.

Das Fernsehmagazin 'Monitor‘ hatte die Vorwürfe recherchiert und die Staatsanwaltschaft mit den Ergebnissen konfrontiert. Die ließ prompt und spektakulär die Wache durchsuchen. Gefunden wurde angeblich nichts. Bremens Polizeipräsident Rolf Lueken spricht wie Innensenator Friedrich van Nispen (FDP) deshalb von einer „Hetzkampagne“.

„Rückhaltlose Aufklärung“ haben sie dennoch zugesichert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt weiter. Die Grünen im ampelregierten Bremen fordern unterdessen die Bildung einer Sonderarbeitsgruppe aus Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei, um die Vorwürfe so schnell wie möglich aufzuklären. Der Polizeipräsident hat für heute eine Pressekonferenz angekündigt.

40 Afrikaner und Rechtsanwälte der Bremer „Strafverteidiger-Initiative“ haben ihre Pressekonferenz bereits hinter sich. Die Anwälte berichteten von den krassesten Fällen aus ihrem Mandantenkreis. Ein 22 Jahre alter Asylbewerber aus Gambia mußte in die geschlossene Abteilung der Psychiatrie eingewiesen werden. Ärzte bescheinigen ihm Paranoia und völligen Vertrauensverlust, auch gegenüber Freunden und Verwandten. Sein Anwalt hat Anzeige wegen Körperverletzung im Amt erstattet. Ein 14 Jahre alter Junge aus Kurdistan mußte nach seiner Festnahme (bei der 20 Gramm Heroin gefunden wurden) mit gebrochener Schulter und doppelt gebrochenem Arm ins Krankenhaus eingeliefert werden.

„Es kann durchaus sein, daß einzelnen Beamten schon mal die Hand ausrutscht“, meint Polizeipräsident Lueken gegenüber der taz. Und einen Namen, den die Betroffenen immer wieder nennen, und der in der Szene von Junkies und Punks seit Jahren wegen seines rüden Verhaltens verschrien ist, bezeichnete Lueken als einen seiner „konsequentesten“ Beamten.

Autonome aus dem Anti-Rassismus-Büro fordern mit radikalen Sprüchen den Rücktritt von Polizeipräsident und Innensenator. Auf Plakaten mit dem Konterfei des Senators heißt es: „Dieser Kopf muß rollen“, und „Schluß mit dem Polizeiterror“. „Menschenverachtend und diffamierend“ nennen Grüne wie Polizeigewerkschaft diese Parolen. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Martin Thomas, warnt davor, in der autonomen Szene neue Feindbilder zu schaffen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen