Betr.: Sparpläne der Koalition : Misere-Produzenten sollen gehen
Jetzt ist der Schwindelscheck ‚Kanzlerbrief‘ wie erwartet geplatzt. Und sehr akribisch wird der Sozialbereich wieder nach weiteren Mauerteilen durchforstet, die man wegnehmen kann, ohne dass die Fassade völlig zusammenbricht. Das ist inzwischen schwer geworden, weil es fast nur noch ‚tragende Wände‘ gibt. Jetzt versucht der alte Mann an der Spitze des Senats, mit seinen Jugenderinnerungen zu glänzen. Seine Kinder seien auch im Kinderladen (mit Elternmitarbeit) gewesen. Dann können heute doch auch Eltern im Kindergarten mitarbeiten. Statt Erzieherinnen. Leider ist die Realität heutiger Kindergärten nicht mit der Zeit der Kinderladenbewegung aus Henning Scherfs Vergangenheit zu vergleichen. Wir brauchten PISA, um zu begreifen, dass Vorschulerziehung nicht Aufbewahrung, sondern elementare Pädagogik ist. Gute Arbeit gibt es nicht zum Nulltarif. Was bei Eigenbetrieben selbstverständlich ist: bessere Bezahlung für bessere (?) Arbeit, sollte bei den Eigenbetrieben Kindergarten genauso selbstverständlich sein. Flexible Betreuungszeiten, damit Eltern arbeiten können; gute Vorschulerziehung, damit PISA irgendwann kein Schreckenswort in Bremen ist; kompetente Erzieherinnen, damit Kinder in ihrer Individualität gefördert werden können. Das alles, was Kindergärten leisten, darf nicht der Eitelkeit eines alten Mannes zum Opfer fallen. Ehrenamt in der Gesellschaft ist kein Sparkonzept. Junge Familien mit schlechter Sozial- und Bildungspolitik aus Bremen zu jagen, löst kein Bremer Problem. Vielleicht sollten die, die die Bremer Misere in den letzten Jahrzehnten produziert haben, sich einfach mit einer deutlich hörbaren Entschuldigung in ihr Privatleben zurückziehen. Dort können sie in Ruhe die alten Fotos aus der Kinderladenzeit betrachten. HOLGER KÜHL, Bremen