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Miserable Lage der US-AutoindustrieGeneral Bankrott

34 Milliarden Dollar Hilfen von der US-Regierung fordern die Autokonzerne General Motors, Ford und Chrysler, sonst drohe ihnen der Bankrott. Dafür will GM 20.000 Leute entlassen.

Vom Autobauer-Riesen zum bangenden Prekariat: General Motors ist tief gestürzt. Bild: ap

Der US-amerikanischen Automobilindustrie geht es nicht gut. Genauer: Der US-amerikanischen Automobilindustrie geht es noch viel schlechter als gedacht. Am Dienstag forderten General Motors, Ford und Chrysler, die drei großen Autobauer aus Detroit, einst Symbol der Überlegenheit der US-Industrie, vom Kongress rasche Überlebenshilfe. 34 Milliarden Dollar verlangen sie, knapp 10 Milliarden mehr als noch vor knapp zwei Wochen. Dass sie die Summe erhöht haben, liegt an den neuesten Verkaufszahlen. Im November fiel der Absatz nach Branchenzahlen um 37 Prozent. Die Verkäufe von GM brachen um 41 Prozent ein, der Absatz von Ford um gut 30 Prozent. Erstmals seit Jahrzehnten seien somit im Autoland USA in einem Monat weniger als 800.000 Fahrzeuge verkauft worden, hieß es aus Branchenkreisen.

Besonders prekär ist die Lage beim größten der "großen drei", bei GM: Der Konzern, der im Sommer dieses Jahres den Rang als größter Autohersteller der Welt an Toyota abgeben musste, will noch im Laufe dieses Jahres 4 Milliarden Dollar, da sonst der Bankrott drohe. Auch Chrysler braucht die angefragten 7 Milliarden Dollar bis Jahresende. Nur Ford ließ erkennen, dass man zwar bis zu 9 Milliarden benötige, aber hoffe, auf das Geld nicht zugreifen zu müssen.

Die Meldung aus Detroit löste neue Spekulationen über mögliche Konkurse aus. US-Medienberichten zufolge befürchten Funktionäre der Autoarbeiter-Gewerkschaft UAW sogar eine Insolvenz von General Motors noch vor Weihnachten, falls der Kongress in den kommenden Tagen die lebensrettende Hilfe verweigert.

Die Präsidentin des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, betonte am Dienstag erneut, dass es Kredite nicht einfach so geben werde, sondern dass deren Bewilligung davon abhänge, ob die Kongressabgeordneten die geforderten Sanierungspläne überzeugend genug fänden.

Mitte November hatten die Konzernchefs den Kongress bereits um Hilfen ersucht, dabei aber keine Verbesserungsmaßnahmen präsentiert, was Pelosi zu wenig war. Am Dienstag legte GM einen umfassenden Sanierungsplan vor. Darin enthalten: drastische Kostensenkungen, die Entlassung von mindestens 20.000 Arbeitern und Angestellten, die Einstellung oder der Verkauf bestimmter Marken wie Saab und die beschleunigte Produktion effizienter Automodelle wie den Elektrowagen Chevy Volt.

Zudem will Konzernchef Richard Wagoner für ein symbolisches Gehalt von einem Dollar arbeiten. Auch die firmeneigenen Manager-Jets sollen verkauft werden. Ebenso wie die Chefs von Chrysler und Ford war Wagoner mit einem Firmenjet vor zwei Wochen nach Washington geflogen, was von den Kongressabgeordneten, von denen die drei Herren Milliarden-Hilfen erbettelten, schlichtweg als Frechheit aufgefasst worden war. Um einen solchen PR-GAU diesmal zu vermeiden, kündigten die drei Manager an, die rund tausend Kilometer im Auto zurückzulegen.

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5 Kommentare

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  • O
    okha

    Ein symbolischer Lohn von einem Dollar -was für ein schlechter, schlechter Witz. Ich muss zustimmen das viele sinnvolle Arbeitsplätze Weltweit geschaffen werden könnten wenn die genannten Pläne über Energieversorgung und Individualverkehrsmittel verwirklicht würden. Dazu würden dann aber auch die sofortige Förderung von Öffentlichen Verkehrsmitteln gehören. Dennoch finde ich liegt ein grosser Teil des Problems auch in der Funktion des Kapitalistischen Konsumverhaltens. Enorm viele Ressourcen werden verbraucht um einem Wirtschaftlich begünstigten (kleinen) Teil der Weltbevölkerung in einem schönen Hamsterrad laufen zu lassen. Dort gibt es immer schöne neue Handys, Filmchen auf den Flachbildschirmen und ja auch Autos zum hightech Food, währenddessen andere Teile der Welt immer noch um das Problem der Trinkwasserversorgung kämpfen... Macht diese Drecksfirmen dicht und gebt dem Manager seinen 1-Dollar Job, aber bitte als Strassenfeger oder Putzfrau in einem Ghetto für den Anfang!

  • BH
    Bernhard H. Johannes Wagner

    General Motors, Ford und Chrysler sollten höchstens unter strengen Auflagen der Umstellung ihrer Produktion auf wirklich umweltfreundliche Fahrzeute staatliche Hilfen erhalten.

     

    Sonst sollten sie Pleite gehen und die 20.000 sollten schon nächstes Jahr Ausbildungsplätze und Arbeitsplätze im Bereich des Ausbaus Erneuerbarer Energien erhalten, z.B. könnten - auch - die USA - ebenso wie z.B. auch Deutschland und viele andere Länder - ihre Erwerbslosigkeit bis ca. 2024 sehr nahe an Null annähern, wenn sie bis dahin mit einem New Deal Plan fast sämtliche dafür geeigneten Gebäudedächer mit Solaranlagen ausstatten würden.

     

    Außerdem sollten umweltfreundliche Fahrzeuge starke Steuernachlasse erhalten und andere umso höhre besteuert werden (z.B. über den jeweiligen Energieverbrauch, den sie bei Tests bei 10 bis 50 miles per hour haben), auch Elektrofahrzeuge.

  • M
    michaelbolz

    Puh! Zum Glück ist 1000 Kilometer Autofahren viel umweltfreundlicher als zu fliegen.

  • KB
    Karl Bold

    Wo bleiben eigentlich die Umfragen? Es muss doch irgendein US-Institut geben, dass Aufklärung verschafft, ob Kreditkrise oder Spritpreis am Kaufboykott schuld sind. Davon könnte auch die Herren in Stuttgart & Co. lernen.

  • E
    emiliozapatista

    Das wäre wunderbar, und die 20.000 Menschen sollten in sofort staatlich zu gründenden oder zu unterstützenden Unternehmen ausgebildet werden, die Pkw herstellen wie die Modelle Twike , Think City , CityEl , oder Mindset , auch Aerorider oder den umgebauten Toyota Prius von Gaia (oder Gaja ?)

    und falls ich ein umweltfreundliches Modell vergessen habe, sorry!

     

    Außerdem sollten bis 2020 durch einen New Deal mindestens 80% aller unverschatteten Dachflächen mit Solaranlagen ausgestattet werden und bis 2020 - onshore wie offshore - in den USA (inkl. Küstengewässer u. Big Lakes) - mindestens 20 GW neue Windenergieleistung installiert werden. Not least zusammen mit Mexiko mehrere Heliostat- oder Parabolrinnen- Solarkraftwerke in den Wüsten errichten werden (auf mindestens 0,5% der Wüstenfläche von den USA und Mexico). Dafür würden dann weit mehr als zusätzlich 20.000 Menschen einen Job bekommen.

     

    Großaktionäre bisheriger großer Pkw Firmen sollten zu Schmerzensgeld verklagt werden wegen der Umweltschäden, die ihre Produkte jahrzehntelang angerichtet haben, z.B. Krebs und Atemwegserkrankungen in Städten.