: Milošević als Parteichef bestätigt
■ Serbische Opposition ruft zum Kampf gegen Präsidenten auf. Exodus bosnischer Serben aus Sarajevo
Belgrad/Sarajevo (dpa/AFP/ AP) – Die rund 1.800 Delegierten des dritten Parteitags der allein regierenden Sozialistischen Partei Serbiens haben am Samstag in Belgrad einstimmig den serbischen Republikspräsidenten Slobodan Milošević erneut zum Parteivorsitzenden gewählt. In einer Rede sagte der alte und neue Vorsitzende, die bosnischen und kroatischen Serben stünden in Belgrads Schuld. Serbien habe sie immer unterstützt, obwohl es dadurch internationale Sanktionen auf sich geladen habe. In den Parteihauptausschuß, der 185 Mitglieder hat, wurden bekannte Scharfmacher und Nationalisten nicht wiedergewählt.
Zeitgleich zur Wiederwahl Miloševićs protestierten in Kragujevac, 130 Kilometer von Belgrad, etwa 20.000 Anhänger der Opposition gegen die Führung des Landes. Die Oppositionsgruppen riefen nach Angaben der Nachrichtenagentur Beta alle Oppositionellen zur Einheit im Kampf gegen den „Totalitarismus und den Wahnsinn“ Miloševićs auf.
Unterdessen verließen weitere serbische EinwohnerInnen Sarajevos jene Stadtviertel, die an die bosnisch-kroatische Föderation fallen sollen. Auf einem Friedhof im Vorort Hadzici exhumierten mehrere serbische Familien sogar die sterblichen Überreste ihrer Angehörigen, um sie mit auf die Flucht zu nehmen. Zur Beschleunigung der Fluchtbewegung sperrten die serbischen Behörden Strom, Wasser und Telefon. Im Stadtviertel Grbavica, das am 19. März der Kontrolle der kroatisch-muslimischen Föderation unterstellt wird, wurde nach Angaben eines Ifor-Sprechers in der Nacht zum Sonntag eine Schule offenbar vorsätzlich in Brand gesteckt.
Ifor-Sprecher widersprachen gestern Befürchtungen, daß die bosnisch-serbische Militärführung erneut die Verbindung zur multinationalen Friedenstruppe abbrechen könnte. In den vergangenen 24 Stunden habe es mehrere Kontakte zur Militärführung der bosnischen Serben gegeben. Der am Samstag entstandene Eindruck, die Anklage des Kriegsverbrechertribunals in Den Haag gegen den Serbengeneral Djordje Djukić könnte zum Abbruch der Gespräche führen, sei falsch. Hintergrund entsprechender Befürchtungen war ein Brief an die Ifor-Division Nord, wonach die Serben künftigen Sitzungen von Militärkommissionen möglicherweise fernbleiben würden.
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