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Millionenauftrag ohne Ausschreibung

■ Rechnungshof kritisiert Bundesanstalt für Arbeit. Aufträge an Verlage sollen jetzt regulär vergeben werden

Berlin (dpa/taz) –Die Bundesanstalt für Arbeit hat den Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens bei der Vergabe von Aufträgen an den Nürnberger BW-Verlag zurückgewiesen. „Es sind keine Anhaltspunkte für strafbare Handlungen bekannt“, sagte Behördensprecher Eberhard Mann gestern. Interne Überprüfungen hätten bislang auch keine Dienstpflichtverletzungen von Mitarbeitern der Bundesanstalt ergeben. Auch die Staatsanwaltschaft habe ihre Vorermittlungen eingestellt.

Nach einem Bericht des Stern hatte der Bundesrechnungshof Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Aufträgen an den Nürnberger „BW Bildung und Wissen – Verlag und Software GmbH“ in Höhe von 634 Millionen Mark moniert. So seien Aufträge meist nicht ausgeschrieben und am zuständigen Haushaltsbeauftragten vorbei zugeteilt worden. Die Bundesanstalt habe „über Jahre hinweg gegen grundlegende Bestimmungen des Haushalts- und Vergaberechts verstoßen“, zitiert der Stern aus dem Rechnungshofbericht.

Der Bundesrechnungshof bestätigte gestern, im März und Juli zwei Prüfberichte an die Bundesanstalt geschickt zu haben. „Das Prüfungsergebnis ist Dritten nicht zugänglich“, hieß es dazu bei der Behörde in Frankfurt am Main.

Der Sprecher der Bundesanstalt sagte, der Rechnungshof kritisiere lediglich, daß Aufträge ohne reguläre Ausschreibung an den BW- Verlag gingen. Außerdem sei moniert worden, daß Mitarbeiter der Bundesanstalt gleichzeitig als freie Autoren für den Verlag arbeiteten. Dies sei abgestellt worden, sagte Mann. Der BW-Verlag habe für seine Leistungen „keine überhöhten Preise in Rechnung gestellt“. Es sei deshalb absurd, von einem Millionenschaden zu reden. „Es sind Werte für das Geld geschaffen worden“, sagte Mann.

Zur Auftragsvergabe sagte der Sprecher, daß die Aufträge regulär ausgeschrieben würden, so bald die Verträge mit dem BW-Verlag beendet seien. Ein Vertrag laufe zum Jahresende aus. Über die Beendigung weiterer Verträge werde derzeit verhandelt.

Mann bestätigte, daß die Staatsanwaltschaft Vorermittlungen gegen einige Behördenmitarbeiter geführt habe. Sie seien aber mangels Anhaltspunkten inzwischen eingestellt. So sei es offenbar nicht richtig, daß Mitarbeiter der Bundesanstalt vom BW-Verlag Autos gestellt bekommen hätten. Das Problem der Nebentätigkeit von Behördenmitarbeitern bei dem Verlag sei 1989 durch eine Änderung des Nebentätigkeitsrechts im Bundesbeamtengesetz entstanden. Bis dahin sei es durchaus erlaubt gewesen, nebenberuflich für den Verlag als Autor zu arbeiten.

Der BW-Verlag hat für die Bundesanstalt für Arbeit seit Mitte der 80er Jahre unter anderem die weltweit größte Datenbank für Aus- und Weiterbildungsangebote aufgebaut. Darin sind nach Auskunft der Behörde 300.000 Angebote gespeichert. Außerdem werde in dem Verlag ein Grundlagenwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen erstellt.

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