: „Milliarden–Pleite der Atommafia“ in Gorleben
■ Grüne beantragen Erkundungsstopp in Gorleben / SPD fordert anderen Standort / Bürgerinitiative erstattete Strafanzeige
Lüchow/Bonn (dpa) - Die Grünen haben einen Antrag im Bundestag mit dem Ziel angekündigt, die Erkundungsarbeiten für ein nukleares Endlager bei Gorleben nach dem jüngsten Unglücksfall einzustellen. Die SPD verlangte von der Bundesregierung, sie müsse sofort Untersuchungen für einen alternativen Standort in Auftrag geben. Die Bürgerinitiative Umweltschutz in Lüchow– Dannenberg hat unterdessen bei der Staatsanwaltschaft Lüneburg wegen des Unfalls Strafanzeige gegen die nach ihrer Ansicht Verantwortlichen erstattet. Das Grünen–Bundesvorstandsmitglied Jutta Ditfurth nannte am Dienstag vor der Presse Gorleben eine der „Milliarden–Pleiten der Atommafia“. Die Bundesregierung müsse endlich eingestehen, daß ihr Entsorgungskonzept gescheitert sei. Alle Untersuchungsergebnisse über die bisherigen Erkundungen in Gorleben müßten umgehend veröffentlicht werden. Die SPD forderte sie auf, ihren „wachsweichen“ Kurs in der Kernenergiepolitik aufzugeben und zu begreifen, „daß es fast nichts Gegensätzlicheres gibt als Atomenergie und Sicherheit“. Sie reagierte damit auf die Aussage des SPD–Umweltexperten Harald Schäfer, daß vor dem Hintergrund des Unglücksfalls im Erkundungsschacht I in Gorleben eine sichere Entsorgung des in den Kernkraftwerken anfallenden Atommülls in weite Ferne gerückt sei. Der stellvertretende SPD– Fraktionsvorsitzende Volker Hauff betonte, daß ein sicheres Endlager schon für den bisher angefallenen Atommüll benötigt werde. Nachdem die bergtechnischen Probleme in Gorleben bereits im sogenannten Deckgebirge und nicht im Salzstock, der von Gorleben–Kritikern ebenfalls als ungeeignet bezeichnet wird, aufgetreten seien, müsse Bonn schleunigst nach anderen Alternativen suchen lassen. Wie die Grünen–Abgeordnete Lieselotte Wollny in Bonn und die Sprecherin der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow–Dannenberg, Marianne Tritz, in Lüchow mitteilten, hat die Bürgerinitiative Strafanzeige wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung, der Körperverletzung mit Todesfolge und des Totschlags durch Unterlassen gestellt. Sie richtet sich gegen die verantwortlichen Mitarbeiter des Bergamtes Celle, der Physikalisch–Technischen Bundesanstalt Braunschweig, der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern und der Arbeitsgemeinschaft Schachtbau Gorleben. (siehe dazu Kommentar sowie Hintergrundbericht S. 10)
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