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Archiv-Artikel

Mikaël Silvestre, Umgelernter Gut versteckt in der Heimat

Mikaël Silvestre, 33

■ spielte 40-mal für die Équipe Tricolore, für die er zwei Tore schoss. Nominiert wurde er zuletzt 2008 Foto: dpa

„Wenn ich groß bin, werde ich linker Verteidiger“ – diesen Satz wird man selten aus Kindermund hören. Und weil Linksfüßer sowieso in der Minderheit sind, gehören Spieler auf dieser technisch anspruchsvollen Position weltweit zur begehrten Mangelware. Aus der Not heraus schulen viele Trainer Spieler von anderen Positionen um – so hat es schon Otto Rehhagel mit dem Stürmer Marco Bode gemacht, und so machte es Sir Alex Ferguson bei Manchester United mit dem gelernten Innenverteidiger Mikaël Silvestre. Mit Erfolg: Von 1999 bis 2008 wurde der französische Nationalspieler, der über Stade Rennes und Inter Mailand im Old Trafford gelandet war, mit den Red Devils fünfmal englischer Meister und einmal Champions League-Gewinner (2008).

Als Frankreich-Kenner Klaus Allofs, der dringend Verstärkung für die chronisch schwächliche linke Abwehrseite und die durch Naldos Knieverletzung zumindest temporär geschwächte Innenverteidigung suchte, diesen Spitzenmann letzte Woche kurz vor Toresschluss der Transferliste als Neuzugang präsentierte, wirkte er ein bisschen wie der Magier, der plötzlich ein Kaninchen aus dem Hut zieht. Und dabei zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt.

Der überraschende Deal, für den Werder nicht einmal eine Ablösesumme zahlt, war nur deshalb möglich, weil Silvestre für die internationalen Späher zu gut versteckt war. Sein Ex-Klub Arsenal London, zu dem er 2008 gewechselt war, hatte den Vertrag nach Verletzungen und Kritik von Trainer Arsène Wenger nicht verlängert, und so hielt sich der 33-Jährige die letzten Monate privat in seiner französischen Heimat fit. Angebote des Europa-League-Finalisten FC Fulham und des türkischen Erstligisten Kayserispor schlug er aus. Aber als Allofs anrief, sagte er schnell „Oui“ und saß schon im entscheidenden Champions League-Qualifikationsspiel in Genua auf der Trbüne und drückte die Daumen.

Als er in der vergangenen Woche in Bremen das erste Mal seit drei Monaten wieder mit einer richtigen Mannschaft trainierte, hinterließ Silvestre gleich einen guten Eindruck: „Er ist ein positiver Typ. Keine Frage, er wird uns mit seiner internationalen Erfahrung weiterhelfen“, sagte Abwehr-Kollege Clemens Fritz. „Und ich denke, es wird überhaupt kein Problem sein, ihn schnell zu integrieren.“

Der sozial engagierte Familienvater integriert sich in der Tat in einer Rekordgeschwindigkeit in der Hansestadt, die an seinen Landsmann und Mit-Innenverteidiger Valérien Ismaël erinnert. Gestern bereits besuchte er mit seinen drei Kindern den Finallauf der bundesweiten Aktion „Kinder laufen für Kinder“. Und schaffte damit beste Voraussetzungen dafür, dass Kinder in Zukunft davon träumen, linke Verteidiger zu werden.RALF LORENZEN