Microsofts neue Google-Konkurrenz: Suchmaschine "Bing"
Software-Riese Microsoft startet nun endlich seinen neuen Google-Konkurrenten. Am Donnerstag stellte Boss Steve Ballmer auf der Konferenz "D" nun die neue Suchmaschine "Bing" vor.
Bei Microsoft glaubt man, dass viele Nutzer unzufrieden mit aktuellen Suchmaschinen sind: User-Studien in den eigenen Labors hätten gezeigt, dass längst nicht jeder das auf Anhieb finde, was er im Netz haben wolle. Zudem bestünde noch Nachholbedarf bei der Aufbereitung von Ergebnislisten, die sich zu wenig individualisieren ließen und zu schlecht bedienbar seien.
Genau diese offenen Flanken, die der große Suchmaschinenmarktführer Google dem Software-Konzern zufolge bestehen lässt, soll nun eine neue Version von "Windows Live Search" für Microsoft nutzbar machen. Sie hört auf den eher ungewöhnlichen, lautmalerischen Namen "Bing" und lief bislang unter dem Codenamen "Kumo".
Microsoft-Boss Steve Ballmer ließ es sich nicht nehmen, das neue Produkt persönlich auf der Fachkonferenz "D" im kalifornischen Carlsbad vorzustellen - und bildete damit einen Höhepunkt der von der "Personal Tech"-Redaktion des "Wall Street Journal" ausgerichteten Veranstaltung. "Wir hätten die Suchmaschine "Boom" nennen sollen", sagte er mit dröhnender Stimme, bevor er einen Mitarbeiter eine Demonstration durchführen ließ.
Besonders wichtig bei Bing ist die eingebaute Multimedialität: Bilder, Videos, Nachrichtenbeiträge, Online-Karte und Shopping-Portal stehen nebeneinander und lassen sich schnell aktivieren, aber auch wieder ausblenden. So genannte Best Matches sollen Suchergebnisse herausstellen, die mit großer Wahrscheinlichkeit das sind, nach dem der Nutzer sucht. Suchbereiche wie Gesundheit, Reisen oder Künstler sollen besonders gut aufbereitet sein.
Offizieller Start der Betaversion von Bing ist der 3. Juni. Dann soll die neue Suchmaschine über "Bing.com" oder "Bing.de" erreichbar sein. Parallel will Microsoft eine große Marketingkampagne starten, deren Gesamtetat laut dem Werbefachblatt "AdAge" bei 80 bis 100 Millionen Dollar liegen soll - eine enorme Summe, wenn man bedenkt, dass Konkurrenten wie Google fast ohne Werbung auskommen. Notwendig scheint der Werbeblitz Internet-Experten zufolge jedoch schon: Aktuell liegt Microsofts Suchprodukt in den USA auf Platz 3 hinter Yahoo und Google, obwohl Windows Live Search Teil jedes mit Microsoft-Betriebssystem ausgestatteten Systems ist. Besonders bedenklich: Der am häufigsten bei der Suchmaschine eingetippte Begriff lautet einer Studie zufolge "Google" - die Leute wollen also aktiv weg vom Microsoft-Angebot.
Erste Tests mit Bing, die der Fachdienst "PaidContent" durchführen konnte, zeigten, dass die neuen Funktionen durchaus ihren Reiz haben. Sehr praktisch ist beispielsweise die Vorschaufunktion und das Umschalten verschiedener Kategorien, die Bing mit Hilfe so genannter semantischer Technologien erledigt, die Algorithmen zum Textverständnis beinhalten. Wer nach einer Automarke sucht, hat zum Beispiel gleich die Auswahl zwischen Testberichten und offizieller Homepage. Andere Funktionen erinnern an die Wissensmaschine "Wolfram Alpha": So "weiß" Bing stets, wo sich eine Surfer ungefähr befindet und gibt anhand seiner Internet-Herkunfsadresse stets das lokale Wetter aus. Eine Suche nach einem Paketdienst liefert gleich dessen Servicenummer.
Weniger gut an Bing ist laut "PaidContent" jedoch die grundlegende Datenbasis, die schon bei Windows Live Search stets hinter Google hinterherhinkte. So fand etwa eine Suche nach dem Bild eines Autors bei Microsofts Suchmaschine nur ein einziges, während Google sich gleich bei mehreren Quellen bediente. Auch scheint Bing seine Informationen etwas langsamer zu integrieren als Google, so dass der Internet-Riese aktueller wirkt. Allerdings: Alle Versuche wurden mit der aktuellen Vorabversion von Bing durchgeführt, die sich bis nächste Woche noch verändern könnte.
Viel Lob erntet Bing von Marktbeobachtern für sein Design: Bewusst minimalistisch gehalten, sind diverse praktische Funktionen verfügbar. So bekommt man beispielsweise etwa frühere Suchen angezeigt oder kann nach naheliegenden weiteren Begriffen forschen. Trotzdem dürfte "Google" auch bei Bing nicht selten eingetippt werden - Geschmäcker ändern sich schwerlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!