: Mexiko–Effekt: Ein Prozent weniger Schulden
■ Gläubigerbanken verzichten auf die Rückzahlung von 1,1 Milliarden Dollar mexikanischer Auslandsschulden, um so die Zahlung vom „dicken Rest“ zu sichern
Mexiko–Stadt (dpa/vwd) - Mit einem neuartigen Schuldenhandel ist es dem hochverschuldeten Mexiko zwar gelungen, ein Tabu zu durchbrechen, die praktische Wirkung ist jedoch nur knapp über null. Zum ersten Mal wurde erreicht, daß die Gläubigerbanken einen Teil der mexikanischen Auslandsschulden erlassen. Mit dem Verzicht auf 1,1 Milliarden Dollar haben die Banken offiziell anerkannt, daß die Schulden von Entwicklungsländern zum Teil nur noch auf dem Papier stehen und nicht in voller Höhe bezahlbar sind. Der mexikanische Schuldentausch funktioniert mit Rücken deckung der USA. Ein Teil der alten Bankschulden wird gegen neue Schuldscheine umgetauscht. Dafür zahlt Mexiko höhere Zinsen als bisher und hinterlegt bei der US– Regierung eine Garantiesumme, die die Tilgung der neuen Schulden in 20 Jahren sichert. Als Prämie erhält Mexiko einen Rabatt von etwa 30 Prozent auf die umgetauschte Schuldensumme. Doch trotz der „Bonbons“ für die Gläubiger in Form von höheren Zinsen und Rückzahlungsgarantie war die Bereitschaft der Banken aus mexikanischer Sicht enttäuschend. Von den mehr als 500 Gläubigerbanken haben sich nur 139 beteiligt. Statt der angepeilten 20 Milliarden werden nur 3,6 Milliarden Dollar mexikanischer Altschulden umgetauscht. Statt der erhofften zehn Milliarden Dollar Nachlaß hat Mexiko nur 1,1 Milliarden erreicht. Statt 700 Millionen Dollar Zinseinsparungen pro Jahr spart Mexiko nur rund 75 Millionen jährlich. Da Mexiko über 100 Milliarden Dollar Auslandsschulden hat und im vergangenen Jahr 7,4 Milliarden Dollar Zinsen zahlte, verringern sich Schuldenberg und Zinsbelastung nur um einen einzigen Prozentpunkt. Mexikos Regierung betonte nach der Veröffentlichung dieses mageren Ergebnisses, daß ihre Initiative ein Pioniermodell und ein erster Schritt auf dem Weg zur Bewältigung des Schuldenproblems sei. Mit diesem Präzedenzfall sei der Nachweis erbracht, daß „der Unterschied zwischen dem Nominalwert der Schulden und ihrem tatsächlichen Marktpreis“ genutzt werden könne. Doch Wirtschaftsbeobachter sprechen rundheraus von einem Scheitern. Der erhoffte Durchbruch beim Schuldenproblem sei wegen der mangelnden Bereitschaft der Banken weitgehend im Sande verlaufen. Die Länder der Dritten Welt, die mit insgesamt 1.200 Milliarden Dollar bei den Industrienationen verschuldet sind, werden weiterhin nach einer grundlegenden Lösung der Schuldenkrise suchen müssen.
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