: Methodische Schlampereien
■ betr.: „Hoffnung und Gedächtnis“ von Alexander Arenberg (Warum sich Kommunismus und Nationa lismus vergleichen lassen und warum es so viele Unterschiede zwischen beiden gibt), taz vom 14.1. 98
Vieles, was Alexander Arenberg über die „Weltanschauungen“ schreibt, die den Hintergrund für die nationalsozialistische bzw. kommunistische „Makrokriminalität“ abgaben, trifft zu: Im Bild der blutigen „Götterdämmerung“ den Nationalsozialismus zu entdecken, im Bild des – gewaltsam zu errichtenden – „Himmelreiches auf Erden“ des Kommunismus, beides sind sattsam bekannte Metaphern. Kommunismus und Liberalismus im „Prinzip Hoffnung“ geistesverwandt? Langweilig, aber nicht falsch.
Ärgerlich ist hingegen die Behauptung Arenbergs, es sei Fazit des „Historikerstreits“ gewesen, Nationalsozialismus und Kommunismus, „hie Humanismus, da Barbarei“, als „unvergleichbare Gegensätze“ zu behandeln. Im Gegenteil: Natürlich haben alle Beteiligten des Historikerstreits Nationalsozialismus und Kommunismus miteinander verglichen. Wie sonst sollte historische Erkenntnis entstehen? Nein, was damals die Historiker wie Hans-Ulrich Wehler (Entsorgung der deutschen Vergangenheit?, Beck 1988) ihrem Kollegen Ernst Nolte vorwarfen, war unter anderem die unsolide Beweisführung Noltes, mit der er eine Kausalbeziehung zwischen Kommunismus und Nationalsozialismus herstellte. Da wurde der NS-Antikommunismus reichlich kurios auf eine gleichsam „rationale“ Furcht vor der „asiatischen Barbarei“ der Bolschewiki gestützt, mit einem Indizien-„Beweis“, den sich kein Gymnasiast erlauben dürfte. Methodische Schlampereien dieses Formats haben Nolte um seinen wissenschaftlichen Ruf gebracht, nicht, wie Arenberg nahelegt, daß er beide Weltanschauungen für „Zwillinge“ hielt und nur so dumm gewesen sei, diese tiefschürfende Weisheit nicht, wie Brecht, für sich zu behalten.
Wenn man aber, wie Arenberg schriebt, „nach Moskau zum Mausoleum des heiligen Wolodja mit den blutigen Händen“ pilgern möchte, dann ist einem mit derlei profanen historischen Vernünfteleien wohl auch nicht mehr zu helfen. Martin Rath, Langendfeld/Rhld.
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