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Methan heizt das Klima anGefährliche Rückkopplung

Seit einem Jahr sammelt sich plötzlich mehr Methan in der Luft an. Grund sind vermutlich tauende Permafrostböden in Sibirien: Offenbar verstärkt das Tauwetter den Treibhauseffekt.

So lange viel Schnee liegt, ist alles gut: Landschaft in Sibirien. Bild: dpa

BERLIN taz Australische, britische und US-amerikanische Wissenschaftler haben Unerfreuliches zu berichten: Fast zehn Jahre lang war Ruhe, doch seit Anfang 2007 steigt die Konzentration des Methans in der Atmosphäre wieder.

Das Gas ist sozusagen der große Bruder des Kohlendioxids (CO2): Als Treibhausgas ungefähr 25mal so effektiv wie das besser bekannte CO2, aber zum Glück wesentlich seltener in der Atmosphäre anzutreffen. Sein Anteil am Treibhaus-Problem beträgt derzeit 16 Prozent.

Mit gewisser Erleichterung haben Fachleute daher in den letzten Jahren registriert, dass seine Konzentration in der Atmosphäre kaum noch zulegte. Doch zu früh gefreut: Eine neue Studie zeigt, dass im Januar 2007 vom Südpol bis in den hohen Norden Kanadas an allen Messstationen die Methan-Konzentration auf einmal zugenommen hat, und dass das erneute Wachstum bis zu den letzten verfügbaren Messungen vom Frühjahr 2008 angehalten hat.

Der Fachartikel wurde von der American Geophysical Union bereits zur Veröffentlichung angenommen und wird im November in den Geophysical Review Letters erscheinen. Hauptautoren der Studie sind Matthew Rigby und Ronald Prinn vom US-amerikanischen Massachusetts Institute of Technology (MIT). So recht erklären können sich die Forscher den Anstieg nicht.

Methan wird überall produziert, wo Bakterien unter Luftabschluss organisches Material zersetzen: In Sümpfen, in Kuhmägen, in alten Mülldeponien, auf überfluteten Reisfeldern. Es entsteht auch, wenn feuchtes Holz und andere nasse Biomasse verbrannt wird, und es kann bei der Förderung von Erdöl und Erdgas entweichen. Auch das gefürchtete Grubengas in Kohlebergwerken besteht überwiegend aus Methan.

In den vergangenen 650.000 Jahren hat der natürliche Methangehalt der Atomsphäre stets zwischen 320 und 790 Milliardstel Volumenanteilen (ppb) geschwankt. Seit Beginn der Industrialisierung ist er jedoch auf 1.774 ppb im Jahre 2005 hochgeschnellt.

Was die Wissenschaftler stutzig macht, ist der simultane Anstieg der Konzentration auf beiden Hemisphären. Die meisten Quellen des Gases liegen nämlich auf der nördlichen Halbkugel und eigentlich dauert es in etwa ein Jahr, bis sich das Gas gleichmäßig um den ganzen Erdball verteilt hat.

Vermutlich lässt sich das jedoch mit einer leichten Abnahme anderer Stoffe, der so genannten OH-Radikale, erklären, die Methan in der Atmosphäre abbauen.

Rigby und Kollegen haben die Daten in ein Computermodell gesteckt, dass die Verteilung des Methans und die relevanten chemischen Prozesse in der Atmosphäre simuliert. Das Ergebnis: Vermutlich haben auf der Nordhalbkugel die Emissionen zugenommen.

Über die genaue Quelle kann bisher nur spekuliert werden, aber die Autoren weisen daraufhin, dass es 2006/2007 in Sibirien ganz ungewöhnlich warm gewesen ist.

Das wäre allerdings Wasser auf die Mühlen jener Fachleute, die seit längerem davor warnen, dass die Erwärmung in den hohen Breiten den Treibhauseffekt verstärken wird. Einst dauerhaft gefrorener Boden kann sich dort in methanproduzierende Sümpfe verwandeln.

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2 Kommentare

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  • K
    Karl

    Der Punkt ohne Wiederkehr ist tatsächlich schon überschritten!

    Exakt seitdem auch in solchen "Studien" nicht mehr zwischen Wissen und Arbeitshypothese unterschieden wird, dazu noch die unrefelektierte Wiedergabe des Ganzen durch Multiplikatoren und fertig ist die Apokalypse. Besorgt stimmt mich bei der inhaltlich gescheiterten Erläuterung des Themas beispielsweise die Feststellung:

     

    "Als Treibhausgas ungefähr 25mal so effektiv wie das besser bekannte CO2, aber zum Glück wesentlich seltener in der Atmosphäre anzutreffen. Sein Anteil am Treibhaus-Problem beträgt derzeit 16 Prozent."

     

    Ohne Die Frage nach Volumen- oder Masse-Prozent stellen zu wollen bemerkt der Autor mit dieser Anmerkung ( vermutlich ohne das zu sehen), dass es keinen Sinn macht an der Stellgröße CO2 zu arbeiten solange diese Bemühungen von der CH4-Freisetzung großzügig neutralisiert werden (Werden sid das wirklich?).

     

    Das ist doch mal ein Aspekt den auch die CO2-Hysteriker in ihr Nachtgebet einschließen sollten.

     

    Und zur Orginalstudie ist festzustellen:

    Deren Autoren waren durchaus so vorsichtig sich angesichts der Datenlage nicht auf eine Ursache festzulegen. Letzteres ist auch nachvollziehbar, da alle Erklärungsversuche mit Rechenmodellen nach wie vor keine verwertbaren Aussagen liefern können. Und eine statitische Falsifikation ist keine. Wir kommen an dieser Stelle wieder zu dem Punkt das es für die vorgestellte Arbeitshypothese keine analytisch nachvollziehbaren Belege gibt. Rechenmodelle lassen lediglich Interpretationen zu. Ob die Resultate auf die gemessenen Daten "Passen" ist dabei völlig uninteressant. Ein guter Fit sagt nichts über die Realitätslelevanz des Rechenmodells aus.

     

    Wohin das ganze Geschwätz führt zeigt auch die von Herrn Kapust vorgetragene Besorgnis; ein nachvollziehbarer Standpunkt den ich so nicht teilen kann.

    Es ist durchaus hilfreich die wissenschaftliche Methodik und den Sekündärunsinn in Presseberichten genau zu betrachten bevor man sich irgendwelchen Emotionen hingibt. Dem dynamischen System Erde wird das durchaus nicht gerecht.

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • HK
    Hans-Jürgen Kapust

    Vielleicht ist der "point of no return" ja schon überschritten. Mir, als werdender Opa wird Angst und Bange um die Kinder, die in diese Apokalypse hineingeboren werden. All´ unsere menschlichen Krisen, Sorgen und Nöte verblassen vor dem Hintergrund dieses großen schwarzen Lochs, auf das die Gattung Mensch zusteuert, und das ja keine Naturkatastrophe ist, sondern ein von ihr selbst produzierter Abgrund. Wenn überhaupt, dann gibt es nur noch kompromisslose Lösungen.