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■ Mete-Eksi-Prozeß beginntTödlicher Machismo

Nicht der Rassismus tötete Mete Eksi, sondern Machismo! Der Streit, ob Mete Eksis Tod die Folge rassistischer Gewalt ist oder das tragische Ende eines Konfliktes, wie ihn in Berlin täglich dutzendfach männliche Jugendliche austragen, wird auch nach Prozeßende andauern. Zumal sich die folgenreiche Rangelei in der Nacht vom 26. zum 27. Oktober 1991 am Adenauerplatz nicht irgendwann ereignete, sondern in einem gesellschaftlichen Ausnahmezustand. Das erste Nachkriegspogrom – der Sturm auf das Ausländerwohnheim in Hoyerswerda – lag nur wenige Wochen zurück und eine Welle fremdenfeindlicher Gewalt überrollte die Republik. Viele Immigranten schränkten in diesen Wochen die Bewegungsfreiheit ihrer Kinder ein, aus Angst vor rechtsradikalen Übergriffen. Allerdings läßt sich der Streit zwischen den drei Weddinger Brüdern und den vier Kreuzberger Jugendlichen nicht in die Reihe der Haßverbrechen einordnen, die die bewußte physische Vernichtung des Opfers einkalkuliert. Auch dann nicht, wenn sich die Weddinger über die türkische Sprache lustig gemacht haben sollten.

In einer Einwanderungsstadt wie Berlin, in der jeder fünfte Jugendliche nichtdeutscher Herkunft ist, kann nicht ausgeschlossen werden, daß diese sich bei Konflikten die Nationalität, Religionszugehörigkeit oder andere Merkmale um die Ohren hauen. Das kann man beklagen, beschreibt aber eine soziale Realität, mit der man sich nicht abfinden sollte, mit der wir aber dennoch leben müssen. Zu den Kompetenzen, die (nicht nur) für eine interkulturelle Gesellschaft unerläßlich sind, gehört auch, auf verbale Anmache und Beleidigungen so zu reagieren, daß der Konflikt nicht ein Kampf auf Leben und Tod wird.

Es ist zu befürchten, daß bei einem aus Sicht der Angehörigen und Freunde des Getöteten zu milden Urteil gegen Michael S., der den tödlichen Schlag führte, Mete Eksi weiter zum Märtyrer aufgebaut wird. Dennoch wird ein fairer Prozeß nicht darüber hinwegsehen können, daß nicht Michael S. die Waffe ins Spiel brachte, sondern einer der Kreuzberger Jugendlichen. Eberhard Seidel-Pielen (Freier Publizist)

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