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Menschenrechte auf KubaGefangener hungert sich zu Tode

Nach 50 Tagen im Hungerstreik stirbt Wilman Villar Mendoza. Er ist in zwei Jahren der zweite politische Gefangene in Kuba, der nach verweigerter Nahrungsaufnahme stirbt.

Eine der "Frauen in Weiß" trägt sich in ein Kondolenzbuch für den verstorbenen Villar Mendoza ein. Bild: reuters

BERLIN taz | Von der Urteilsverkündung am 24. November bis zu seinem Tod am Donnerstag hat Wilman Villar Mendoza die Nahrungsaufnahme verweigert. Damit protestierte er gegen die vierjährige Haftstrafe, zu welcher der Familienvater wegen Angriff auf die staatliche Autorität verurteilt wurde. Er habe, so der 31-Jährige, nur sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen.

Für dieses war Villar auf die Straße gegangen. Zuletzt am 14. November 2011 in seiner Heimatstadt Contramaestre, die auf halben Weg zwischen Santiago de Cuba und Bayamo liegt. Dort hatte sich im Sommer 2011 die Patriotische Union Kubas gegründet, die am 14. November für mehr Respekt für die Menschenrechte und für die "Frauen in Weiß" auf die Straße ging.

Bei diesem Protest war Villar festgenommen und laut José Daniel Ferrer auch geschlagen worden. Ferrer ist langjähriger politischer Häftling aus der "Gruppe der 75" und Sprecher der Patriotischen Union Kubas, der sich Villar erst im September angeschlossen hatte. Ferrer macht die Regierung für den Tod des jungen Oppositionellen verantwortlich. Auch Villars Frau Maritza Pelegrino wirft den Verantwortlichen vor, ihren Mann einfach sterben gelassen zu haben.

Selbst einen letzten Blick auf den Toten, der am 14. Januar vom Gefängnis ins Krankenhaus nach Santiago de Cuba verlegt worden war, gestattete die Polizei der Mutter zweier Töchter nicht. Sie gehört zu den "Frauen in Weiß", die sich seit einigen Monaten in Santiago für die Freilassung aller politischen Gefangenen einsetzen. Das führte in den letzten Monaten wiederholt zu Konfrontationen mit der Polizei - vor allem in der Kleinstadt Palma Soriano, wo mehrere Dissidenten wie auch Ferrer leben.

Villar weigerte sich, Häftlingskleidung zu tragen

Villar selbst stammt aus einer revolutionären Familie. Seine Mutter ist mit einem Vertreter des Innenministeriums, seine Schwester mit einem Beamten der Staatssicherheit liiert, die ihn erst im Krankenhaus, nicht aber im Gefängnis besuchten. Dort hatte sich Villar geweigert Häftlingskleidung zu tragen. Eine Parallele zum Tod von Orlando Zapata Tamayo, der auch keine Anstaltskleidung angezogen hatte und im Februar 2010 nach 85-tägigem Hungerstreik starb.

Die Regierung nahm zu Villars Tod bisher nicht Stellung. Im Internet heißt es im "Blog von Yohandry", der der Staatssicherheit zugerechnet wird, Villar sei ein Straftäter gewesen, der nun im Mittelpunkt einer "neuen Kampagne gegen Kuba" stehen werde.

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8 Kommentare

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  • JM
    Josie Michel-Brüning

    Folgende Autoren sollten zum Thema "antikubanische Propaganda" ebenfalls zitiert werden:

     

    Salim Lamrani, Dr. für Iberische und Lateinamerikanische Studien der Pariser Sorbonne-Universität, ist Außerordentlicher Professor an der Sorbonne und der "Est Marne-la- Vallée Universität". Er ist französischer Journalist und spezialisiert auf die Beziehungen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten. Er hat kürzlich das Buch "Etat de siege. Les sanctions economiques des Etats-Unis contre Cuba" [belagerter Staat. Die wirtschaftlichen Sanktionen der Vereinigten Staaten gegen Kuba] mit einem Vorwort von Wayne Smith veröffentlicht.

     

    Wayne S. Smith, jetzt Direktor des Kubaprojekts am Zentrum für Internationale Politik, war von 1979 bis 1982 Leiter der US-Interessenvertretung in Havanna und ist Autor von "The Closest of Enemies" (New York: W.W. Norton, 1987).

     

    "USAID, die mit der Durchführung des Plans beauftragt ist, gibt zu, dass sie als Teil des Programms die kubanische Opposition finanziert. Laut der Agentur betrug der Betrag zur Hilfe der kubanischen Dissidenten im Steuerjahr 2009 15,62 Millionen Dollar. Seit 1996 wurden insgesamt 140 Millionen Dollar für den Sturz der kubanischen Regierung zur Verfügung gestellt. "Der größte Teil des Betrags ist für Personen in Kuba. Unsere Absicht ist es, den Betrag zur Unterstützung der Kubaner auf der Insel zu maximieren." [25]

    Außerdem betont die Regierungsagentur das Folgende: "Wir haben in einer Zeitspanne von zehn Jahren Hunderte von Journalisten ausgebildet, und deren Arbeiten findet man jetzt in den internationalen Mainstream-Medien." Ausgebildet und bezahlt von den USA dienen sie vor allem den Interessen Washingtons, dessen Ziel ein "Regimewechsel" auf der Insel ist. [26]

    Aus juristischer Sicht bringt diese Realität tatsächlich die Dissidenten, die die von USAID angebotenen Bezüge annehmen, in die Position von Agenten im Dienst einer ausländischen Macht, was einen ernsten Verstoß gegen das kubanische Strafgesetzbuch darstellt. Die Agentur ist sich dieser Realität bewusst und erinnert einfach: "Niemand ist verpflichtet das anzunehmen oder Teil des Programms der Vereinigten Staaten zu werden." [27]

     

    [25] Along the Malecon, , October 25, 2010.

    http://alongthemalecon.blogspot.com/2010/10/exclusive-q-with-usaid.html (site consulted on October 26, 2010); Tracey Eaton, , El Nuevo Herald, December 3, 2010.

    s.: http://www.miami5.de/informationen/presse-120117.html

    Original: http://realcuba.wordpress.com/2012/01/19/the-cases-of-alan-gross-and-the-cuban-five/

     

    [26] Ibid.

     

    [27] Ibid.

  • JM
    Josie Michel-Brüning

    Lieber Knut Henkel,

    warum nur übernehmen ausgerechnet Sie schon wieder kritiklos die antikubanische Propaganda und von Star-Dissidenten wie Yoani Sánchez und Elizardo Sanchez, die einen mächtigen Schutz aus dem US-Kongress genießen wie den der Exilkubaner Ileana Ros-Lehtinen, Vorsitzende des Ausschusses für ausländische Angelegenheiten, und Mario Diaz- Balart, beide Republikaner.

    Eine seriöse Berichterstattung würde auch die Gegenseite zu Wort kommen lassen:

    Laut kubanischen Quellen wurde Wilman Villar Mendoza nämlich nicht bei einer „Demonstration“ verhaftet und dann zu 4 Jahren Haft verurteilt, sondern bei einem Menschenauflauf, der auslöst worden war, weil er seine Ehefrau öffentlich geschlagen, seine Schwiegermutter die Polizei gerufen und er daraufhin diese ebenfalls tätlich angegriffen hatte.

    Auch war er nicht am „Hungerstreik“ gestorben, sondern u.a. an einer Lungenentzündung. Zuvor hatte er sich den von der US-Interessenvertretung bezahlten Dissidenten angeschlossen, weil die ihm Hoffnung gemacht hatten, als anerkannter „Dissident“ freigelassen zu werden, http://realcuba.wordpress.com/2012/01/21/cuban-govt-lashes-out-at-criticism-of-alleged-dissident-death/ .

    In vorauseilendem Gehorsam gegenüber dieser ewig-gestrigen revanchistischen Lobby weigert sich die Mainstream-Presse natürlich den Fall der seit über 13 Jahren zu Unrecht in den USA verurteilten 5 Kubaner zu nennen, die in ihren jeweiligen Gefängnissen immer wieder folterähnlichen Bedingungen ausgesetzt sind. Seit Jahren ignorieren Sie den internationalen Protest, der mittlerweile von 11 Nobelpreisträgern, Juristenverbänden aus aller Welt und von Amnesty International gestützt wird und über den die UN Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen bereits im Mai 2005 ihr kritisches Urteil verhöffentlicht hatte.

    Mehr dazu unter www.freethefive.org auf Englisch und Spanisch sowie auf Deutsch www.miami5.de .

  • C
    conguera

    Auf welcherart Recherche stützt sich dieser Artikel? Die Berichterstattungen über diesen Vorfall im Netz gehen derart auseinander, dass es mir langsam unerträglich wird, weiterzulesen.

    Hier ein Beleg, dass es sehr wohl Informationen und Reaktionen der Regierung Cubas gibt http://www.granma.cubaweb.cu/2012/01/22/nacional/artic05.html . Ein Blick in die Regierungszeitung Granma ist schon mal angebracht, wenn man behauptet, es werde von dort totgeschwiegen.

    Die Wahrheit wird wohl irgendwo zwischen der Berichterstattung Havannas und Miamis liegen.

    Schade find ich auch, dass ein investigativer Journalismus auch in diesem Blatt hier zusehends zum Fremdwort wird. Stattdessen finden wir einen artigen Artikel im Sinne des Mainstreams, um ja keine Leser (in der Politik nennen wir's Wähler) zu verschrecken.

  • A
    Aguaya

    Offensichtlich hat die kommunistische Propaganda immer noch zu viele Opfer weltweit (oder Unterstützer), die von ganz weit weg immer noch denken, die Insel ein Paradies sei.

     

    Grösste Lüge des Mileniums: "Und auch das cubanische Gesundheitssystem zählt zu den besten weltweit". Nein, nein, nicht für Kubaner. Beweise, 5 Teile (wenn kein Spanisch, kein Problem: Bilder sagen mehr als millionen Worte!) - http://desarraigos.blogspot.com/2011/06/la-otra-cara-del-sistema-de-salud.html

     

    Eine weitere Manipulation: "Desweiteren gibt es gerade auf Cuba Menschenrechte, was man von den USA oder Deutschland überhaupt erwarten kann.". Nein, nein, nicht für normale Kubaner. Die Menschenrechtsverletzung ist alltägliches Leben in Kuba: keine Meinungsfreiheit, Aus- und Einreiseverbot, Eingriffe in Privatleben, und vieles mehr.

     

    Vergleich: DDR, Stasi, und Co., was schon lange, zum Glück, Geschichte ist. Aber nur hier auf der anderen Seite des Meeres, ganz weit weg....

  • BX
    Beobachter XX

    Laute TELESUR starb der Mann an einer "infeccion respiratoria"= Infektion der Atmungsorgange, nicht durch Verhungern. TELESUR bezeichnet den Hungerbericht als Verleumdung in den internationalen Medien. -- Kubas Parlament plant Beratung ueber Zulassung von gleichgeschlechtlichen Ehen. Wahrscheinlich werden auch Geschlechswechseloperationen in Kuba moeglich...

  • IQ
    Ignaz Quadratwurzel

    @ Karl

    Es kommt noch schlimmer, man muss sich fragen, wie diese Nachricht überhaupt aus Kuba hat herauskommen können.

     

    Da kann einem ja der Glauben an das was Kuba sein soll abhanden kommen.

  • B
    broxx

    Und ich dachte immer Sozialismus/Kommunismus sei Frieden...

  • K
    Karl

    Ist wohl halb so wild. Der Typ hat sich gegen den Sozialismus gerichtet. Für solch ein schweres Vergehen sollte es eigentlich die Todesstrafe geben, aber das hat sich in diesem Fall ja zum Glück von selbst gelöst. Desweiteren gibt es gerade auf Cuba Menschenrechte, was man von den USA oder Deutschland überhaupt erwarten kann. Und auch das cubanische Gesundheitssystem zählt zu den besten weltweit, mir ist nur von der Demokratische Volksrepublik Korea bekannt das es dort etwas vergleichbares gibt.

     

    Von der taz bin ich sehr enttäuscht. Hätte nicht gedacht das hier sowas sozialismusfeindliches propagiert wird.