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Mehr politisch motivierte StraftatenInnenminister besorgt über linke Gewalt

Die Zahl linker Straftaten hat nach Angaben des Innenministeriums im vergangenen Jahr stark zugenommen. Die Zahl rechter Delikte ist allerdings noch immer doppelt so hoch.

Regelmäßiger Anlass für Gewalt: 1. Mai 2009 in Berlin-Kreuzberg. Bild: dpa

BERLIn dpa | Die Zahl der politisch motivierten Straftaten in Deutschland hat im vergangenen Jahr einen Rekordstand erreicht. Es wurden insgesamt 33.917 Delikte gemeldet, teilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Dienstag in Berlin mit. Im Vergleich zum Jahr 2008 ist das ein Plus von 6,7 Prozent. Damit wurde seit der Einführung des derzeit geltenden Erfassungssystem im Jahr 2001 der bislang höchste Wert erreicht. Im Bereich der politisch motivierten Gewalttaten wurden etwas mehr als 3000 Delikte gezählt. Das ist ein Anstieg um rund ein Fünftel. Vor allem aus dem linken Spektrum hätten die Gewalttaten stark zugenommen, sagte de Maizière.

Insgesamt stieg die Zahl linker Straftaten im Vergleich zu 2008 um 39,4 Prozent auf 9375 Delikte. Deutlich höher ist aber nach wie vor die Zahl rechter Straftaten. Sie liegt bei 19.468 Delikten, wobei es einen Rückgang um 4,7 Prozent gab. Ein Mensch starb infolge politisch motivierter Gewalt: die Ägypterin Marwa El-Sherbini, die am 1. Juli im Dresdner Gerichtssaal von einem Russlanddeutschen mit einem Messer angegriffen und getötet wurde.

Werden allein die politisch motivierten Gewalttaten - hierunter fallen Körperverletzungen und Tötungsdelikte - genauer betrachtet, ergibt sich ein unterschiedliches Bild: Aus dem rechten Spektrum weist die Statistik 959 solcher Taten aus. Das ist ein Rückgang um 13,8 Prozent. Aus dem linken Spektrum wurden dagegen 1822 Delikte gezählt. Hier gab es einen Anstieg um mehr als 50 Prozent. De Maizière sagte, es seien erstmals mehr Körperverletzungen aus politisch linker als aus politisch rechter Motivation begangen worden. Vor allem Polizisten seien das Ziel linker Gewaltausbrüche gewesen.

Ein Teilbereich der Statistik sind die rechts motivierten Straftaten mit fremdenfeindlichen Hintergrund. Sie gingen um rund 16 Prozent auf 2477 zurück. Auch bei den rechten Gewalttaten mit einem fremdenfeindlichen Hintergrund verzeichnet das Innenministerium einen Rückgang, und zwar um 10,5 Prozent auf 366 Taten. Bezogen auf alle gemeldeten politisch motivierten Taten lag die Aufklärungsquote bei 39,4 Prozent. Sie war damit etwas niedriger als im Jahr davor.

De Maizière sagte: "Die für das Jahr 2009 gemeldeten Zahlen im Bereich der politisch motivierten Kriminalität sind alles andere als erfreulich." Er betrachte vor allem die steigende Gewalt gegen Polizisten mit Sorge. "Diese Entwicklung zeigt, wie wichtig die Umsetzung des im Koalitionsvertrag verankerten Ziels ist, strafrechtlich den Schutz von Polizeikräften gegen brutale Angriffe zu verbessern", sagte er.

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28 Kommentare

 / 
  • JS
    Jana Sommer

    Früher las ich Titanic und Eulenspiegel, heute lese ich die Kommentarspalten der taz.

     

    Es gibt anderswo wohl kaum qualitativ höherwertigere Realsatire als hier.

     

    Weiter so erfrischend und köstlich !

  • K
    Kommentator

    Ein Erlebnisbericht unter linksextremen Chaoten und Verbrechern:

     

    700 Antifaschisten aller Couleur demonstrieren gegen ein Treffen von hochrangigen organisierten Neonazis.

    Rennen militant an einem Polizisten vorbei, wackeln zwei mal am Hamburger Gitter, werden mit Pfefferspray eingedeckt - und jetzt kommt`s:

    eine (!) Plastik-(!)-Flasche fliegt über das Hamburger Gitter.

     

    Der Verfassungsschutz spricht danach in seinem Bericht von linksextremer (!) GEWALT (!) GEGEN POLIZEIBEAMTE in diesem Zusammenhang.

     

    (Ich hab alles mitbekommen).

     

    A propos: In anderen Bundesländern als dem von mir beschriebenen werden übereifrige Ermittler gegen Nazis vom BKA in die Verkehrsstreife zwangsversetzt. Weil zu aktiv und rufschädigend.

     

    Und raus kommt die PMS-Statistik.

     

    Fazit: So eine Statistik gibt nur das rechte Wunschdenken der herrschenden Extremisten wieder.

  • V
    Vogt

    Problematisch an solchen Statistiken ist, dass sie dazu führen dass poltisiche Straftaten weniger hart verfolgt werden und öfter nicht als politische Straftaten anerkennt werden, weil sie "die Statistik versauen".

     

    Wenn man sieht was Alles NICHT in diese Statistik reinfällt...da vermöbeln 2 Skinheads einen linken, das sei eine "Kneipenschlägerei" da weiß man was man mit den Zahlen am besten machen sollte!

  • D
    Daniel

    Da ich weiß, dass ich in der Statistik ebenfalls auftauche wegen Körperverletzung gegen Beamte, was einfach gelogen war (aber Polizisten haben bekanntlich immer recht), kann ich das nicht ernst nehmen.

     

    Es ist nichts neues, dass bei jeder Festnahme mittlerweile nicht nur wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sondern nun auch wegen Körperverletzung ein Verfahren eingeleitet wird und das meist mit Erfolg.

    Unter den Umständen dürfe es ein Leichtes sein, auf solche Zahlen zu kommen.

     

    Bravo Polizeigewerkschaft! Tolle Arbeit geleistet!

    Vielleicht irgendwann mal darüber nachdenken, wieso die Gesellschaft "so wenig Respekt" vor Polizisten hat...

  • P
    paul

    hm, witzig. die welt schreibt: "Die Mehrheit der Gewaltdelikte verüben Täter aus der Linken Szene - obwohl die politisch motivierten Straftaten insgesamt noch immer mehrheitlich von Rechtsextremen verübt werden."

     

    ihr schreibt das gegenteil. gute linke, böse rechte. ein schelm...

  • IN
    Ihr Na

    Es wird endlich mal Zeit diese Kriminellen richtig zu verurteilen. Es muß damit aufgehört werden sowas als politisch motiviert zu betrachten

  • IM
    Ingo Müller

    Satire?:

    Gut, dass der Innenminister seine Interpretation der Gewaltstatistik gerade jetzt vorlegt. Das kann doch den einen oder anderen Wähler in NRW noch von der Gefahr überzeugen, die von einem grünen Linksbündnis drohte. Herrn Rüttgers wirds freuen.

  • A
    Anne

    Liebe Taz,

    Ich habe mir gerade die PM des Innenministeriums durchgelesen. Unter Körperverletzungsdelikten steht bei PMK-Links eine Zahl von 849 und bei

    PMK-Rechts 800. Liest man weiter....

    "Insgesamt 1.980 Personen (Vorjahr: 1.937) sind durch politisch motivierte Gewalttaten körperlich verletzt worden. Davon waren unter Hinzurechnung der Getöteten rd. 49, 2 % (Vorjahr: 60,3 %) Opfer rechter Gewalt und rd. 40,2 % (Vorjahr: 30,6 %) Opfer linker Gewalt."

    Rechnet man auf die Opfer zurück kommt man auf Zahlen von PMK-Lninks(40,2% von 1.980) 796

    und PMK-Rechts(49,2% von 1.980) 974

     

    Das passt nicht ganz zu den im Artikel gennanten zahlen... "Werden allein die politisch motivierten Gewalttaten - hierunter fallen Körperverletzungen und Tötungsdelikte - genauer betrachtet..."

     

    Quelle: (http://www.bmi.bund.de/cln_192/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2010/03/politisch_motivierte_kriminalitaet.html)

     

    mfg Anne

  • K
    Konsequenzen

    Mehr Geld im Kampf gegen Rechts!Sofort!

  • CA
    Christian Alexander Tietgen

    Bravo taz, ihr setzt glücklicherweise linke und rechte Straftaten in den Vergleich miteinander und bauscht die linken Straftaten nicht unnötig auf.

  • F
    FRITZ

    Fast doppelt so viele linke wie rechte Gewalttaten.

     

    Wo ist die Lichterkette? Wo ist der entsetzte mediale Aufschrei?

  • A
    AlexsZander

    Die vermehrte Gewalt gegen Polizisten aus dem linken Spektrum zeigt doch unter Berücksichtigung des Aspekts, dass diese meistens im Umfeld von Demonstrationen stattfindet, wie sehr die Polizei eben dort versagt.

  • M
    max

    blabla ...

    wenn ich den text übe die verletzten polizisten lesen, beginne ich im kopf sofort die zahlen zu relativieren und für aufgebauschten blödsinn zu halten. die polizei gibt jeden verstauchten finger im einsatz als verletzung und kommt dann am ende einer demo immer auf erstaunliche verletztenzahlen. bei der gegenseite kommt sie natürlich nie auf die idee, all die von tränengas, pfefferspray oder dem wasserwerferstrahl getroffenen als "verletzt" zu behandeln. wer einmal auf einer solchen eskalierten demo war, weiß in der regel, für wen die verletzungsgefahr besteht. es sind nicht die polizisten.

  • R
    Raphael

    Na klar, jeder, der im Rahmen einer vom Staatsapparat als "links" eingestuften Demonstration (waren das die Demos gegen HartzIV eigentlich damals auch?) Gewalt ausübt, muss ein Linker sein. Tumbe Gewalttäter, die gar keine politische Meinung haben, gibt es nicht, und jeder, den man nicht schnappt, ist sowieso ein Linker. So kann man auch Politik machen!

     

    Und so sehr es richtig ist, den Schutz von Polizeikräften gegen brutale Angriffe zu verbessern, warum machen die das nur strafrechtlich? Was hilft einem Polizisten, wenn z.B. ein Augenlicht verliert, dass der Täter ein paar Jährchen mehr einsitzt? Sind da andere Massnahmen, sei es bessere Ausrüstung oder auch nur Gewalt-Prävention, nicht besser?

     

    Und wann kommen eigentlich Maßnahmen zum Schutz der Bürger gegen brutale Angriffe von Polizeikräften, z.B. bei Demonstrationen? Auch da hat es schon so manchen Unbeteiligten getroffen. Wie wäre es mit einer bundesweiten Kennzeichnung der Beamten, damit man auch mal den Täter ermitteln kann? Oder einer Schulung dahingehend, dass Demonstrationen zwar zu zusätzlichem Dienst führen und nur nerven, aber eben grundgesetzlich verankertes Recht der Bürger dieses Landes sind und damit ein Ausdruck demokratischer Willensbekundung?

  • A
    Anne

    Das ist mal wieder klar... schon seit Jahren werden diese Statistiken gezielt konstruiert, als "linke"-Straftat wird alles Mögliche gewertet. "rechte"-Straftaten hingegen werden meist als nicht politisch motiviert eingestuft und verschwinden aus dieser Statistik, denn was nicht sein darf kann auch nicht sein... Aber das kennt man ja schon seit längeren... Panorama: Radarkontrolle statt Nazijagd (http://www.youtube.com/watch?v=hHpKG4tH-Zk&feature=related)

    Und was natürlich außen vor gelassen wird ist die Qualität der Straftaten, ich hab noch von keinem "linken" gehört der einer 14-jährigen mit einem Spaten den Schädel einschlägt oder Leute auf die Bahngleise schmeißt... Aber stört ja keinen das so etwas im rechten Kontext üblich ist, solange man nur schön die Angst vor "linken-Extremisten" schürt

    ... da hilft nur eins, selber denken, kritisch hinterfragen und Aufklärung betreiben...

  • N
    nici2412

    Wenn man sich die Körperverletzungs- und Tötungsdelikte ansieht bekommt die Empörung aus der linken Richtung, als Köhler auch Mittel im Kampf gegen den Linksextremismus bereitstellen wollte, eine völlig neue Bedeutung. Es werden 24 Millionen im Kampf gegen Rechts und 2 Millionen im Kampf gegen Links aufgewendet. Diese Summen sollte man bei diesen Zahlen schnellstens überdenken.

  • K
    Kritiker

    "Werden allein die politisch motivierten Gewalttaten - hierunter fallen Körperverletzungen und Tötungsdelikte - genauer betrachtet, ergibt sich ein unterschiedliches Bild: Aus dem rechten Spektrum weist die Statistik 959 solcher Taten aus. Das ist ein Rückgang um 13,8 Prozent. Aus dem linken Spektrum wurden dagegen 1822 Delikte gezählt. Hier gab es einen Anstieg um mehr als 50 Prozent"

     

    Ich dachte von linker Seite geht keine Gewalt aus?

    Zumindest wurde hier in der TAZ immer wiederholt(besonders von den Kommentatoren), dass Linke "nur" Sachbeschädigung begehen.

    Oder sind das "gute" Körperverletzungs- und Tötungsdelikte weil siue sich nur gegen Rechte und Polizisten richten?

    Bitte klärt mich auf! Mein Weltbild bricht grad auseinander...

  • B
    buerger

    Das Schreckgespenst der konservativen Rechten ist die Linke. Da passt es doch, vor einer wichtigen Wahl, diese Zahlen zu veröffentlichen.

  • S
    Sebastian

    Leider wird aber kaum was gegen linke Gewalt getan. Insbesondere im rot-dunkelstarkrotem Senat in Berlin. Hoffentlich wehren sich die Bürger endlich entschieden dagegen!

  • S
    shizzobi

    Mit keinem Wort wird die Zunahme von Gewalt der Polizei

    auf Demonstarten erwähnt. Diese Straftaten werden unter den Teppich gekehrt, und die Opfer auch noch wegen Verleumdung angeklagt.Das ist viel besorgnis- erregender.

  • A
    Anarchist

    Ohhhhhhhhhhhh eine Runde Mitleid für die armen, armen Polizisten. Hat sich eigentlich schon mal jemand gefragt warum es keine Statistiken über Polizeigewalt gibt??? oder wieviele Obdachlose es in Deutschland gibt??? oder warum ein Polizist bis zu einem Jahr ins Gefängnis gehen kann und danach ganz normal weiterarbeiten darf??? oder wie oft das grüne Gesindel mit Blaulicht und Sirene zu McDonalds fährt, Stichwort Amtsmissbrauch??? Warum so gut wie alle Anklagen gegen Polizisten abgewiesen werden??? Warum Polizisten die Angezeigt wurden gegenseitig Akteneinsicht haben und sich so wunderbar absprechen können???

     

    Fazit: Gerechtigkeit ist Utopie!

  • N
    naj.e

    Gewalt von Polizisten aus, sollten auch zu politisch - motivierten Straftaten zählen. Sonst sieht das immer so aus als wenn die Polizisten im Recht sind. Und das sind sie meiner Meinung nicht!

     

    Es ist ganz einfach: Die einen kämpfen für das bestehende System (das sind die Polizisten), die anderen kämpfen für Veränderung (das sind die Linken), da ist es kaum verwunderlich, das es Kämpfe gibt wenn beide Seiten aufeinandertreffen.

  • R
    rauhfuß

    Gibts auch 'ne Statistik zu Übergriffen von Polizisten auf Demonstranten oder zu staatlichen Repressionsmaßnahmen?

  • G
    Georg

    Wie üblich fehlt der Hinweis, dass es sich zum einen lediglich um angezeigte, also nicht nachgewiesene Straftaten handelt, im Prinzip also um eine Verdachtsstatistik.

    Zum Anderen zählt mittlerweile auch "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" zu den Gewalttaten, wenn sie zum Beispiel auf einer Demonstration stattfinden. Und dieser Straftatbestand reicht von Schlägen gegen die Damen und Herren in Grün bis zum "Stemmen gegen die Laufrichtung". Im Prinzip wird bei jeder Anzeige seitens der Polizei gegen Demonstranten als kleines Extra besagter Widerstand hinzugedichtet, weswegen vor allem die Zahl "links-politisch motivierter Gewalttaten" so hoch ist.

  • E
    Eser

    Solange linke Gewalt sich nicht darin ausdrückt, Ausländer aus fahrenden Zügen zu schmeissen, oder nach einer Hetzjagd sie halbtot zu prügeln, SONDERN linke Gewalt sich darin ausdrückt, autos anzuzünden, Steine auf Nazis zu werfen und (natürlich verrückte) linke Gruppierungen im Namen der sozialen Gerechtigkeit Sachen zerschlagen, sehe ich darin keine Gefahr. Eher einen Realitätsverlust des Innenministers...

  • UW
    Ulrich Weiss

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    Es ist mal wieder Wahlkampf - wie groß ist die Anzahl der linken Straftaten mit Todesfolge?????

     

    Arme taz!

  • L
    Lars

    Je stärker die Ungerechtigkeit und die Repression desto niedriger wird die Hemmschwelle, Gegengewalt anzuwenden gegen staatliche und nichtstaatliche Mörder- und Faschistenbanden.

  • W
    wolf

    der letzte absatz ist am interessantesten.. was also muss geschehen damit die polizei besser geschützt ist?einsatz v gummigeschossen? tasern? betäubungsgewehren? vorbeugehaft? internierung?...