: Mehr als 2.000 Knackis infiziert
■ Aids-Stiftungen: Schwere Vorwürfe gegen Justizverwaltungen
Bonn (dpa/taz) – In deutschen Gefängnissen haben sich nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft deutscher Aids-Stiftungen mehrere 100 Häftlinge durch Needle- sharing mit Aids infiziert. Der Drogenkonsum in Justizvollzugsanstalten sei gang und gäbe, sagte Rainer Jarchow, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Aids-Stiftung „Positiv leben“, am Dienstag in Bonn. Das hohe Risiko von HIV-Infektionen in Strafanstalten sei ein Skandal, der in unerträglicher Weise unter der Decke gehalten werde: „Die Justizminister sind nicht in der Lage oder willens, dort Abhilfe zu schaffen.“
Schwere Vorwürfe richteten die Aids-Stiftungen gegen die Justizverwaltungen, die seit 1983, als das hohe Infektionsrisiko für Fixer bekannt wurde, nichts unternommen hätten. „Sie handeln fahrlässig oder möglichweise sogar strafbar“, sagte Ulrich Heide, Geschäftsführer der Stiftung. Er forderte die Abgabe von Methadon und sauberen Spritzen in Haftanstalten.
Nach Schätzungen seien zwischen 3.000 und 9.000 Gefängnisinsassen drogenabhängig und spritzten Heroin. Die Zahl der HIV-Positiven in Haftanstalten werde auf bis zu 2.700 taxiert. Angesichts des Needle-sharing würden damit einige 1.000 inhaftierte und nicht HIV-infizierte Drogenabhängige der hohen Wahrscheinlichkeit einer Neuinfektion ausgesetzt. In jeder Haftanstalt gebe es Drogenmärkte, sagte Reinhard Heitkamp vom Vorstand der Deutschen Aids-Hilfe. Sogenannte Stationspumpen, von den inhaftierten Drogenabhängigen versteckte Spritzen, würden von bis zu 25 Personen benutzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen