Mehr Schutz für Informanten : KOMMENTAR VON CHRISTIAN RATH
„Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ – ein Dokument, das diesen Stempel trägt, macht es für die Presse erst recht interessant. Und zu Recht setzen sich die Medien oft über solche Beschränkungen hinweg. Beispiel Kurnaz-Untersuchungsausschuss: Ohne die Veröffentlichung geheimer Papiere wäre der Skandal wohl nie ans Licht gekommen. Fast täglich wurden neue Dokumente publiziert, die den so integer erscheinenden Außenminister Steinmeier in Schwierigkeiten brachten. Akten, die belegen, dass der BND den in Guantánamo eingesperrten Kurnaz für harmlos hielt und dass die Regierung seine Rückkehr nach Deutschland dennoch zu verhindern trachtete.
Staatliche Skandale können meist nur unter Missachtung von Geheimhaltungsvorschriften aufgeklärt werden. Dazu braucht die Presse Informanten im Apparat, und die Beziehungen der Informanten zur Presse müssen geschützt werden. Diesen Informantenschutz hat das Bundesverfassungsgericht gestern erhöht. Das ist erfreulich. Aber es gibt keine absolute Sicherheit: Im Prinzip können sich Journalisten auch weiter der Beihilfe zum Geheimnisverrat schuldig machen.
Es ginge allerdings zu weit, diese Strafbarkeit generell auszuschließen. Denn staatliche Unterlagen sind nicht nur geheim, um Skandale zu vertuschen und die Bürger unwissend zu halten. Oft dient die Vertraulichkeit auch dem Schutz der Privatsphäre, zum Beispiel von Menschen, gegen die die Polizei ermittelt. Gerade linke Anwälte sind deshalb gegen einen Freibrief für die (Boulevard-)Presse.
Eine Regelung, wonach nur die Veröffentlichung wichtiger und relevanter Informationen generell straffrei bleibt, läge da nahe. Aber wer entscheidet, was wirklich ein Skandal ist und wo die Presse nur Nichtigkeiten aufbauscht? Einen zugleich absoluten, aber auch zielgenauen Schutz für das Informationsrecht der Presse kann es offensichtlich nicht geben. Viel wichtiger ist da wohl, dass die Presse die Konflikte sportlich nimmt und nicht übertrieben jammert. Nichts verunsichert Informanten mehr als Journalisten, die den falschen Eindruck erwecken, dass in Deutschland ständig Redaktionen durchsucht werden, um Quellen in den Behörden zu enttarnen.