: Mehr Ersatzdrogen
■ Neuer Methadon-Vertrag für Hamburg. Soziale Indikation reicht nicht
Hamburg (taz) – Vom „größtmöglichen Kompromiß“, der bundesweit immer noch vorbildlich sei, sprechen die einen, die anderen reden von einer „Bankrotterklärung der Hamburger Drogenpolitik“: Am Montag unterzeichneten die Krankenkassen, die Hamburger Gesundheitsbehörde, die Apotheker- und die Ärztekammer sowie die Kassenärztliche Vereinigung einen neuen Methadon-Vertrag. Nach neunmonatigem Verhandlungspoker konnte schließlich auch die Frage der Kostenübernahme geklärt werden. Der Vertrag sieht vor, daß die 2.500 Drogenabhängigen, die derzeit im Hamburger Programm sind, auch weiterhin mit Methadon unterstützt werden sollen. Im Hinblick auf künftige Substitutionswillige sollen die Ermessensspielräume der bundesweit geltenden restriktiven, sogenannten NUB- Richtlinien genutzt werden, nach denen bisher nur schwangere Frauen und schwerkranke Drogenabhängige substituiert wurden. Deshalb sieht der Hamburger Vertrag „begründete Einzelfälle“ vor, in denen darüber hinaus Methadon verabreicht werden kann.
Dies gilt für junge Mütter, drogenabhängige LebenspartnerInnen von Substituierten, Krankenhaus- und Haftentlassene. Eine Überbrückungshilfe bis zur Abstinenztherapie ist ebenfalls möglich. Die psychosoziale Betreuung will die Stadt künftig weiterfinanzieren. Doch selbst Gesundheitssenatorin Helgrit Fischer-Menzel kommentierte den Vertrag als Minimallösung. Heftige Kritik hagelte es von den in der Hamburgischen Landesstelle gegen Suchtgefahren zusammengeschlossenen Drogeneinrichtungen. Denn was das Hamburger Modell bisher auszeichnete, war die Niedrigschwelligkeit des Angebots und die Tatsache, daß Drogenabhängige über eine soziale Indikation in das Methadon-Programm aufgenommen wurden. All dies sei mit dem neuen Vertrag vorbei. Damit seien auch die Erfolge der vergangenen sechs Jahre gefährdet. Bei den jetzigen Substituierten würden nur 20 Prozent unter die NUB-Regelung fallen. Die Drogenarbeiter fürchten, daß die Zahl der Drogentoten, Beschaffungskriminalität und Prostitution wieder zunehmen werden. Patricia Faller
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