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Mehr BildungsgerechtigkeitKostenfreie Kitas und zweite Chance

Die SPD legt ein eigenes Bildungskonzept vor, die Union fürchtet im Gegenzug um die Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag.

SPD will die Hauptschule als eigenständige Schulform abschaffen. Bild: dpa

BERLIN taz Die SPD will, dass Kinder ab 2013 kostenlos in Deutschland Kitas besuchen können. Dies, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil am Montag in Berlin, wird etwa drei Milliarden Euro im Jahr kosten. Die kostenfreie Kita für Kinder von ein bis sechs Jahren soll Eltern die Vereinbarkeit von Beruf und Familien erleichtern und die frühkindliche Förderung verbessern.

Nach Vorstellung der SPD soll sich der Bund an der Finanzierung dieses Vorhabens beteiligen und nicht den Ländern überlassen, in deren Zuständigkeit Bildung fällt. Ein detailliertes Finanzierungskonzept legte die SPD allerdings nicht vor.

Die SPD veröffentlicht diese Idee mit Blick auf den von Angela Merkel initiierten Bildungsgipfel Ende Oktober. Dort dürfte es, so Heil, "nicht bei unverbindlichen Absichtserklärungen" und Imagepflege für die Union bleiben. Neben der kostenlosen Kita ab 2013 will die SPD, dass Schulkinder länger gemeinsam lernen und das Schülerbafög gestärkt wird. Damit soll die Chancengerechtigkeit verbessert werden. Die Hauptschule, so die SPD-Vorstellung, soll als eigenständige Schulform entfallen. Heil bekräftigte auch die Forderung der SPD nach einem Rechtsanspruch auf eine "zweite Chance" für Jugendliche, die ohne Abschluss die Schule verlassen haben.

Das SPD-Papier trägt den Titel "Aufstieg durch Bildung". Die Begriffe werden voraussichtlich eine zentrale Rolle im SPD-Wahlkampf 2009 spielen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) tourt derzeit mit dem Bildungsthema durch die Republik.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte zu den Vorschlägen des Koalitionspartners, ein solcher beitragsfreier Kita-Besuch dürfe nicht auf Kosten der geplanten Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag gehen. Eine "direkte und nachhaltige Entlastung der Familien" stehe für die Union "nicht zur Disposition". Die SPD lasse aber offen, ob die Gebührenbefreiung auf Kosten dieser Beschlüsse gehen solle. Zu der SPD-Forderung nach einer Abschaffung der Hauptschule sagte Pofalla, er frage sich, wie der von Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) ins Spiel gebrachte Rechtsanspruch auf einen Hauptschulabschluss dann verwirklicht werden solle.

In einem waren sich die Koalitionsparteien gestern aber völlig einig: Sie wollen die große Koalition ungeachtet aller Sticheleien bis zum regulären Wahltermin im Herbst 2009 fortsetzen. Nachdem die beiden Unions-Ministerpräsidenten Christian Wulff und Peter Müller mit Spekulationen über ein vorzeitiges Aus eine aufgeregte Debatte ausgelöst hatten, forderte SPD-Politiker Heil "ein deutliches Wort von der Unionsführung". Zu dieser Stunde hatte das CDU-Präsidium das geforderte Bekenntnis zur Koalition längst abgegeben. Wulff war bei der Sitzung gar nicht anwesend, Müller schwieg. SR / RAB

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1 Kommentar

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  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    Eucational Entrepreneurship statt staatlicher Bewirtschaftung

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    Kindergärten erfüllen eine öffentlichen Aufgabe, das bedeutet aber noch lange nicht, dass sie in staatlicher Regie bewirtschaftet werden müssen, wie in der einstigen DDR.

     

    Auch "Kostenfreiheit" gibt es nicht. Was hier von der SPD verzapft wird, grenzt ja schon an Volksverdummung.

     

    Eigentlich müssten gegen solche Pläne GRÜNE und FDP dagegen Sturm laufen.

     

    Die öffentliche Hand weiß genau, was ein Kindergartenplatz kostet! Die dahinterliegende Frage ist die der Finanzierung. Und dafür braucht man die entsprechenden Geldquellen. "Kostenfreiheit" bedeutet nicht nur aus allgemeinen Steuermitteln, sondern auch tendenziell staatliche Planwirtschaft.

     

    Dabei sieht das Kinder- und Jugendhilferecht den Vorrang der freien vor der öffenltichen Kinder- und Jugendpflege vor - abgeleitet von Artikel 6, Abs. 2 unserers Grundgesetzes der da lautet:

     

    "Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft."

     

    Der alternative, sozialliberale Weg wären staatliche finanzierte Bildungsgutscheine pro Kind, die die Eltern bei der Kita-Stätte ihrer Wahl einlösen könnten. Wer seine Vorschulkinder, ganz grundgesetzkonform lieber in Eigenorganistation erziehen möchte, hätte dann auch die Mittel dies zu realisieren.

     

    Dei Folge wäre eine vielfältige Erziehungslandschaft mit alternativen Bildungskonzepten mit der Chance für Educational Entrepreneurship statt staatlicher Bewirtschaftung: Kindergarten und Schule als pädagogisch zu unternehmende öffentliche Aufgabe.

     

    Mehr Informationen unter: www.unternimm-die-schule.de

     

     

    Ludwig Paul Häußner, Karlsruhe