Mediziner boykottieren § 218

■ Thüringer Ärzte verweigern Frauen die Abtreibung

Erfurt (epd/taz) – In Thüringen wird es für Frauen immer schwieriger, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen. Nach einer Umfrage des Thüringer Sozialministeriums in den Krankenhäusern des Landes sind immer weniger Ärzte bereit, eine Abtreibung durchzuführen. So sind gegenwärtig nur noch 18 von früher 31 Kliniken des Landes bereit, dem Wunsch von Frauen nach Abbruch ihrer Schwangerschaft zu entsprechen, bestätigte gestern die zuständige Referentin im Erfurter Sozialministerium, Eva Sturmfels.

Zwei der angeschriebenen Krankenhäuser gaben an, daß sie überhaupt keine Abbrüche mehr vornehmen. Von den 250 niedergelassenen Frauenärzten seien nur noch rund zehn Ärzte zu einem entsprechenden Eingriff bereit.

Als Grund für ihr Verhalten nennen Gynäkologen das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das im Juni den Kompromiß der Bonner Bundestagsparteien zurückgewiesen und mit Wirkung vom 1. Juli eine Übergangsregelung in Kraft gesetzt hatte. Danach sind Abtreibungen zwar straffrei, aber gleichzeitig rechtswidrig. „Wir wollen nicht die straffreien Rechtsbrecher sein“, erklärte dazu ein Arzt in der Weimarer Hufelandklinik, deren Gynäkologen seit Juli keine Abbrüche mehr vornehmen. Wie der Geschäftsführer der Klinik, Thomas Kallenbach, erklärte, müsse vom Gesetzgeber eine einvernehmliche und eindeutige Lösung geschaffen werden. Es dürfe nicht sein, daß einzig den Ärzten oder der Krankenhausleitung die Entscheidung überlassen wird.

Zur Zeit bestehen im Lande rund 40 staatlich anerkannte Beratungsstellen für schwangere Frauen im Konfliktfall. Von Mitarbeitern dieser Stellen war wiederholt davor gewarnt worden, daß die Zwangsberatungen und die finanzielle Lage der Frauen zu einem wachsenden „Abbruchtourismus“ oder zu „Schwarzmarktpraktiken“ und damit zu einer gesundheitlichen Gefährdung der Frauen führen könnten.