■ Medienschau: Aufbegehren in der Türkei
Die Türkeitürken wehren sich nun auf ihre eigene Art und Weise gegen die derzeitige (Rück-)Entwicklung der türkischen Politik. Jeden Abend um 21 Uhr werden die Lichter in jedem fortschrittlich denkenden türkischen Haushalt für eine Minute ausgeschaltet. Der leise Protest soll die Politiker darauf aufmerksam machen, endgültig gegen die Beziehung „statt Polizei Mafia“ etwas zu unternehmen, das laizistische System zu schützen und die türkische Republik um der Demokratie willen aufrechtzuerhalten. Die Aktion findet immer mehr Aktivisten. In ganzen Stadtteilen von Istanbul, Ankara, Izmir, Bursa gehen die Lichter um 21 Uhr für eine Minute aus. Während Premier Erbakan diese Art von Protest als Kinderspiel und die Protestierenden als Parasiten bezeichnet, schreibt der Kolumnist Necati Zincirkiran vom Massenblatt Sabah (Frankfurt): „Das Aufbegehren des türkischen Volkes, den zivilen Vereinigungen, Gewerkschaften, Föderationen, Konföderationen, Beamten, Gewerbebetreibern (...) ist ein endgültiger Schrei des Volkes, um endlich etwas gegen die herrschende Situation in der Türkei zu unternehmen.“ Ein hochrangiges Militär, dessen Name ungenannt bleibt, meint hierzu: „Dem türkischen Militär sind die Hände gebunden. Nur die türkische Zivilbevölkerung ist in der Lage, die Demokratie wieder in Gang zu setzen. Unsere Nation ist gefährdet. Wir dürfen nicht ruhen. Wir werden allesamt gemeinsam dafür kämpfen, unsere Fahne, die moderne laizistische Türkei weiterhin zu schützen. Wir sind nun als Volk gefordert, unser ,Bürgerrecht‘ in Anspruch zu nehmen.“ (5. 2. 1997)
Redaktion: Edith Kresta, Bülent Tulay
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