Medienrecht: Opposition will Reporter schützen
Die Ermittlungen gegen Journalisten rufen die Opposition auf den Plan: FDP, Linke und Grüne fordern Gesetzesänderungen.
Im Bundestag schlägt jetzt die Stunde der Journalistenschützer. Nach der großen Empörung über die Einleitung von siebzehn Ermittlungsverfahren gegen Zeitungsredakteure wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat forderten FDP, Linke und Grüne am Wochenende Gesetzesänderungen.
"Wir wollen den Fall aus der Strafbarkeit herausnehmen, der jetzt aktuell diskutiert wird - nämlich, dass Journalisten Informationen bekommen und veröffentlichen", sagte der FDP-Vertreter im BND-Untersuchungsausschuss, Max Stadler, der taz. In solchen Fällen dürften Journalisten nicht wegen Beihilfe verfolgt werden, erklärte Stadler. Auch Grüne und Linke verlangten eine Regelung, die solche Ermittlungsverfahren verhindert. Den Journalisten wird vorgeworfen, dass sie aus geheimen Unterlagen des BND-Untersuchungsausschusses zitiert haben.
Das Problem ist im Bundestag lange bekannt. Nach der polizeilichen Durchsuchung bei der Zeitschrift Cicero brachten Grüne und FDP bereits 2006 Gesetzentwürfe zur Stärkung der Pressefreiheit ein. Die Linke zog später mit einem weiteren Entwurf nach. Der Antrag der Grünen wurde im Mai im Bundestag allerdings bereits abgelehnt.
Die Grünen hatten eine Änderung von § 353 b des Strafgesetzbuchs gefordert. Diese Vorschrift verbietet Beamten und Abgeordnete den Verrat von Dienstgeheimnissen. Die Grünen wollten dort einen Passus einfügen, dass Journalisten, die hierzu anstiften oder Beihilfe leisten, "nicht rechtswidrig" handeln.
Die Regierungskoalition lehnte dies ab. "Man kann nicht die Amtsträger bestrafen und die Teilnehmer der Tat straflos lassen", sagte der Justiz-Staatssekretär Alfred Hartenbach (SPD), "es kann keinen generellen Vorrang für die Interessen der Presse geben."
Die FDP enthielt sich damals der Stimme. "Dass die Grünen sogar Anstiftung zum Geheimnisverrat straflos stellen wollen, ging uns zu weit", so Stadler. Nur die Beihilfe zum Geheimnisverrat soll für Medienleute straffrei sein, heißt es im FDP-Antrag, der im Bundestag noch nicht abgestimmt wurde. "Das könnte gleich nach der Sommerpause geschehen", hofft Stadler.
Doch auch nach Bekanntwerden der neuen Ermittlungsverfahren sieht die große Koalition keine Notwendigkeit für neue Regeln. "Ich denke, dass die gegenwärtige Gesetzeslage völlig ausreichend ist", sagte der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz der taz. Auch eine Sprecherin von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) sah auf Nachfrage der taz "keinen Handlungsbedarf". Wiefelspütz verweist auf das Cicero-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar, das Durchsuchungen in Redaktionsräumen deutlich erschwert hat. "Das war genau richtig: Es stärkt den Journalismus, ohne ihn in den rechtsfreien Raum zu stellen", so Wiefelspütz.
Der besonders pressefreundliche Ansatz der Grünen ist nicht nur bei den anderen Parteien, sondern auch bei linken Anwälten umstritten.
Der vorgeschlagene Freibrief für die Presse höhle Grundrechte von Dritten aus, vor allem wenn es um Ermittlungsverfahren der Polizei gehe. "Dort dient die Geheimhaltung doch vor allem dem Schutz der Privatsphäre von Beschuldigten", argumentierte etwa der Strafverteidiger Jonny Eisenberg bei einer Anhörung der Grünen. Beim Strafverteidigertag 2006 wurde sogar ein Schritt in die gegenteilige Richtung gefordert. Während laufender Ermittlungsverfahren sollte die Justiz gar keine personenbezogenen Auskünfte mehr an die Presse geben dürfen.
Die Anwälte wollen so die Betroffenen davor schützen, von der Boulevardpresse "vorgeführt" zu werden.
Auch ihr Vorschlag hat keine Chance auf Realisierung, denn dann hätten die Anwälte faktisch ein Informationsmonopol, eine ausgewogene Berichterstattung wäre legal kaum noch möglich. Aber die Diskussion zeigt, dass die Pressefreiheit nicht nur dem Aufdecken von Skandalen dient.
Jerzy Montag, der rechtspolitische Sprecher der Grünen, sieht sich dagegen durch die aktuellen Ermittlungsverfahren gegen Journalisten bestätigt. Er will, dass die Grünen ihren Gesetzentwurf nach der Sommerpause erneut einbringen.
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