■ MediaBazaar: Rote Roben live
Die Urteilsbegründungen des Bundesverfassungsgerichts können künftig im Fernsehen übertragen werden. Nach langem Zögern hat das Karlsruher Gericht endlich diesen Beschluß gefaßt. Die Entscheidung ist mutig, eröffnet sie doch völlig neue Seherlebnisse. Eine bis zwei Stunden lang werden wir künftig beobachten können, wie acht ältere Menschen, in rote Mäntel gehüllt, regungslos hinter ihrer Richterbank sitzen. Nur der oder die RichterIn in der Mitte spricht – nein, liest vor. Das ist Fernsehen, das noch echte Konzentration erfordert. Falls man Wert auf Sinnverständnis legt, sind auch einige Semester juristisches Studium hilfreich. Insofern handelt es sich hier auch um eine Intellektualisierung des Fernsehens – soweit man JuristInnen den Intellektuellen zurechnet.
Der ARD-Vorsitzende Albert Scharf hat den Beschluß des Karlsruher Gerichts begrüßt. Ob er von der neuen richterlichen Transparenz – abgesehen von zwei oder drei Zitaten für die Hauptnachrichten – auch Gebrauch machen will, sagte er allerdings nicht. Immerhin durften die Urteilsbegründungen bisher auch schon im Radio übertragen werden, ohne daß dieses Angebot nennenswert genutzt worden wäre.
Die einzige actiongeladene Szene bei der Urteilsverkündung wird künftig leider entfallen. Bisher mußten die Kamerateams nämlich nach der Verkündung des kurzen Urteilstenors den Saal verlassen. Hier gab es bisher immer lustige Rangeleien mit den Gerichtsdienern. Wieder eine Gaudi weniger.Christian Rath
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