Maut nicht für die Umwelt: Länder stoppen Klimaschutz
Die von der Bundesregierung beschlosse Erhöhung der Maut hat keine Mehrheit im Bundesrat, sagt Hessens Verkehrsminister. Er will mehr Geld für den Straßenbau.
Die große Koalition wird laut Hessen mit einem Teil ihres Klimaschutzpakets im Bundesrat scheitern. "Es gibt keine Mehrheit der Länder für die Erhöhung der Lkw-Maut zum 1. Januar 2009", sagte der hessische Verkehrsminister Alois Rhiel am Mittwoch in Berlin.
Das Bundeskabinett hatte im Juni beschlossen, die Maut auf durchschnittlich 16,3 Cent von 15 Cent je Kilometer anzuheben. Besonders stark sollen die Gebühren für relativ umweltschädliche Fahrzeuge steigen. Damit will Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) erreichen, dass mehr Spediteure auf effizientere Lastwagen umstellen, die weniger Schadstoffe ausstoßen.
Der Verordnung zur Mauterhöhung muss aber die Länderkammer zustimmen. "Das ist unser Hebel", erklärte Rhiel. Er lehnt, wie seine Kollegen in den Unions-geführten Bundesländern Bayern, Saarland, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, das Vorhaben der großen Koalition ab.
"Die Spediteure sollen nicht weiter geschröpft werden, denn die Maut wird letztlich auf die Verbraucher umgelegt", sagte Rhiel zur Begründung. Und: "Die Länder sind getäuscht worden." Die Bundesregierung habe ihr Versprechen, mehr Geld für Straßen auszugeben, nicht gehalten. Nur unter dieser Bedingung hätten die Länder zugestimmt, die Maut einzuführen. 2007 seien aber nur 4,7 Milliarden Euro in Autobahnen und Bundesstraßen geflossen, so viel wie 4 Jahre zuvor. Die Maut wird in Deutschland seit 2005 erhoben.
Um mehr Geld ins Straßennetz zu lenken, kündigte Rhiel nun eine Bundesratsinitiative an. Mit ihr will Hessen den Bund zwingen, die gesamten Mauteinnahmen in die Erhaltung der Bundesfernstraßen zu investieren. Das sind zurzeit 2,6 Milliarden Euro jährlich. Zudem fordert das Land, den Etat für Straßenneubauten auf 4 Milliarden Euro zu verdoppeln. Thüringen schloss sich der Initiative an.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnte davor, die Mauterhöhung zu kippen. Politiker in Bayern und anderen Bundesländern würden "die Gesundheit ihrer Bürger aufs Spiel setzen, um einer als mächtig empfunden Lobby zu Diensten zu sein", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die Mauterhöhung könnte Spediteure dazu bringen, schneller schmutzige Lkws mit Dieselrußfiltern nachzurüsten, um Autobahngebühren zu sparen. Das diene der Umwelt und der Gesundheit hunderttausender Menschen, die unter Feinstaub leiden. Nach einer Studie der Weltgesundheitsorganisation leben die Deutschen wegen der Feinstaubbelastung im Schnitt 10,2 Monate weniger.
Auch die Bundesratsinitiative der Hessen kritisierte Resch. "Wo wollen sie die 2 Milliarden Euro zusätzlich für den Straßenneubau hernehmen?", fragte der Umweltschützer. Offenbar wolle Hessen die Maut weiter erhöhen, um diese Ausgaben zu finanzieren. Eine andere Möglichkeit gebe es nicht. "Das ist ein ganz witziger Vorschlag, der aber nicht zu Ende gedacht worden ist", urteilte Resch.
"Die jetzige Straßeninfrastruktur reicht aus", ergänzte Daniel Kluge vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Der Bund müsse auch künftig Mittel aus der Maut ins Eisenbahnnetz investieren dürfen. "Wir brauchen nicht mehr Verkehr auf der Straße, sondern weniger."
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