: Maut-Minus stört Telekom
Der Konzern ist zurück in der Gewinnzone. Die Frage ist, wie nachhaltig: Das Toll-Collect-Debakel hat viel Geld gekostet, immer mehr Jobs stehen auf der Abschussliste
BERLIN taz ■ Die 442 Millionen Euro Miese waren für Kai-Uwe Ricke nur ein „Makel in der Bilanz“. So sehr freute sich der Telekomchef, dass er auf seiner zweiten Jahresbilanz-Pressekonferenz erheblich besser punkten konnte als bei seinem Debüt im Vorjahr, als er einen Rekordverlust verkünden musste. Denn dieses Mal sieht das Ergebnis unterm Strich sehr viel besser aus: Der Konzern verbuchte einen Nettogewinn von 1,253 Milliarden Euro – und endlich Erfolge beim Abbau des gewaltigen Schuldenbergs. Dieser schrumpfte um immerhin 14,5 Milliarden auf nun 46,6 Milliarden Euro.
Genauer betrachtet, strahlt das neue Licht der Telekom allerdings noch nicht so, wie Ricke es gerne hätte: Das vergangene, so schwungvoll begonnene Geschäftsjahr endete mit einem Absturz im letzten Quartal, zu dem die besagten 442 Millionen Euro Defizit maßgeblich beitrugen: So viel kostete das Mautdebakel das Unternehmen bislang. Ricke hofft jedoch nun nach dem neuen Vertrag mit der Bundesregierung, der der Telekom die Führung im Toll-Collect-Konsortium zubilligt, auf den Durchbruch. Aber auch der Nettogewinn spiegelt nicht unbedingt den Erfolg der normalen Geschäftstätigkeit. Bereinigt um Sonderfaktoren und einmalige Verkäufe bleiben knapp 200 Millionen Euro übrig – weniger, als Analysten erwartet hatten.
Ricke kündigte denn auch eine „Agenda 2004“ an, mit der er den Konzern zu einem nachhaltigen und profitablen Wachstum bringen will. Dazu will er vor allem Personalkosten sparen, sprich Stellen streichen. Laut Plan stehen in den nächsten Jahren jährlich 10.000 der derzeit noch 248.500 Jobs auf der Abschussliste. Das werde aber womöglich „nicht ausreichen“, erklärte Ricke nachdrücklich – und versuchte so, den Druck auf die Gewerkschaft Ver.di zu erhöhen, mit der der Konzern seit Monaten im Clinch liegt: Ricke und Co. wollen eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich. In einem früheren Versuch, Mitarbeiter zum freiwilligen Ausscheiden zu bewegen, hatte die Telekom eine hauseigene Personalservice-Agentur eingerichtet, die in der Vermittlung allerdings nicht sehr erfolgreich ist.
BEATE WILLMS