: Mauss in der Defensive
„Von Einschüchterungsversuchen gegen einen Zeugen habe ich gehört“, bestätigt Staatsanwalt Hans–Jürgen Grasemann der taz, doch für strafrechtlich relevant halte er diese von Werner Mauss ausgesprochenen Drohungen nicht. Auch von einem Ermittlungsverfahren gegen Mauss könne nicht die Rede sein, erklärt der Sprecher der Braunschweiger Staatsanwaltschaft. Er ist gleichzeitig Anklagevertreter in dem erneuten Verfahren gegen den hannoverschen Juwelier Rene Düe, den Werner Mauss 1982 in einem aufwendig inszenierten Einsatz des Versicherungsbetruges überführen wollte. Für Staatsanwalt Grasemann ist das, was der FDP–Landtagsabgeornete Rudolf Fischer für eine strafbare Einschüchterung von Zeugen hält, lediglich eine private Auseinandersetzung. Der Multiagent Mauss drohte seinem ehemaligen Vertrauten aus dem niedersächsischen Landeskriminalamt, dessen neue berufliche Existenz als Tennislehrer zu ruinieren. Werner Mauss hat begonnen sich zu wehren, und er hat es inzwischen nötig. Kaum ein Artikel erscheint jetzt mehr über den Multiagenten, der vorher nie Dementis nötig hatte, ohne daß sie der renommierte Stuttgarter Presserechtler Professor Karl Egbert Wenzel im Auftrage von Mauss anschließend nach allen Regeln der Kunst prüft. Selbst mit Ehrenerklärungen für seinen Mandanten, unter anderen von BKA–Chef Boge, versorgt der Presserechtler inzwischen die Medien. Es sind nicht nur zwei Untersuchungsausschüsse des niedersächsischen Landtages, die den einstigen Held der inneren Sicherheit angeschlagen haben. Auch in der Neuauflage des Düe–Prozesses, mit dem in Hannover die ganze Mauss–Affäre angefangen hat, droht dem Versicherungsagenten Werner Mauss eine renommeeschädigende Schlappe. Durch Australien, Spanien und Frankreich hatte im Jahre 1982 der Einsatz von Mauss geführt, mit dem er beweisen wollte, daß der Nobeljuwelier Düe einen Raubüberfall auf sein Geschäft selbst inszeniert habe, bei dem Schmuck im Werte von zwölf Millionen DM verschwand. Am Ende hatte Düe dem Versicherungsagenten 15 Schmuckstücke im Werte von runden 83.000 DM übergeben, die er zunächst als gestohlen gemeldet hatte, die sich aber nach dem Raub wieder eingefunden hätten. Das dann später vom Bundesgerichtshof wieder aufgehobene Urteil von sieben Jahren für Düe stützte sich vor allem auf angeblich den Düe–Darstellungen widersprechende Indizien und Zeugenaussagen. Seit am ersten September die neuerliche Verhandlung gegen Düe vor dem Landgericht Braunschweig begonnen hat, werden nun Prozeßtag um Prozeßtag die das erste Urteil tragenden Aussagen weiter demontiert. Staatsanwalt Grasemann will noch immer Werner Mauss im Zeugenstand sehen, dessen Auftritt vielleicht dem Prozeß eine andere Richtung geben könnte. Doch Grasemann erklärt auch, daß es zwar möglich sei, Mauss unter Auschluß der Öffentlichkeit zu vernehmen, aber der Versicherungsagent müsse unmaskiert auftreten und auch der Verteidigung uneingeschränkt zu Fragen zur Verfügung stehen. Bei einer solchen Vernehmung hätte der Multiagent aber keine Begründung mehr, einen Auftritt vor dem Parlamentarischen Untersuchungsauschuß des Landtages zu verweigern. Und hier würden eine Reihe von höchst unangenehmen Fragen auf ihn warten.
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