: Matthäus auf dem „falschen Dampfer“
■ Horner Kirchenstreit soll von „Disziplinarkammer“ der Kirche entschieden werde
Die „Bremische Evangelische Kirche“ hat nicht nur Gemeinden, PastorInnen und Kindergärten. Sie hat auch eine „Disziplinarkammer“. Der sitzt ein Richter am Landgericht, Dr. Horst-Werner Keunecke, vor. Zu seiner Linken und Rechten sitzen ein theologischer und ein juristischer Beisitzer. „Wahrscheinlich noch vor den Ferien“, vermutet der Leiter der Bremer Kirchenkanzlei, Steffen, wird diese Disziplinarkammer den ersten Termin anberaumen in Sachen Horner Kirchenstreit. Die Kammer soll darüber entscheiden, ob Friedrich Bode weiter als Pastor in der Gemeinde Horn II arbeiten darf. Das Disziplinarverfahren gegen Bode hatte der Gemeindevorstand von Horn II beantragt. Damit die ZeugInnen dem umstrittenen Pastor nicht tagtäglich im Gemeindeleben begegnen, wurde Friedrich Bode inzwischen vorläufig von seinem Amt suspendiert. Diese Maßnahme beinhalte jedoch keine Wertung und habe mit der „Würdigung des Ausgangs des Verfahrens“ nichts zu tun, betonte Kanzlei-Leiter Steffen gegenüber der taz.
In der Gemeinde Horn II selbst mit ihren 4.800 ZählchristInnen wird das offene Streiten vom Vorstand behindert. Auf der letzten Gemeindeversammlung Mitte Mai z.B. hatte die Mehrheit der anwesenden Gemeindeglieder auch Pastor Bode Zutritt zur Versammlung einräumen wollen. Der Vorstand hatte sich daraufhin zur Beratung zurückgezogen und den Beschluß der Gemeindeversammlung abgelehnt: Bode mußte draußen bleiben.
Unter dem Tagesordnungspunkt „Anregungen, Wünsche und Verschiedenes“ hatte sich dennoch eine Debatte zum Thema Bode entwickelt. Gemeindemitglieder forderten den Vorstand auf, christlich zu handeln, den Antrag auf ein Disziplarverfahren zurückzunnehmen und den Konflikt innerhalb der Gemeinde zu lösen. Gemeindemitgliedern, die diese Argumentation mit dem Matthäus-Evangelium untermauerten, bekamen aber aus Vorstandskreisen zu hören: Das Matthäus-Evangelium sei mittlerweile schon 2.000 Jahre alt. In Horn gelte die Gemeindeordnung, und die regele dort heutzutage den zwischenmenschlichen Umgang. Das älteste Mitglied im Vorstand, Robert Kissling, beschied demjenigen, der sich auf Matthäus berief: „Da sind Sie auf dem falschen Dampfer.“
Unterdrücken will der Vorstand auch die schriftliche Aussprache. Geschäftsleute, die im oppositionellen Pro-Bode -Gemeindeblatt inserierten, wurden brieflich aufgeforert, ihre Annoncen zurückzuziehen. Die Reaktionen waren unterschiedlich: Ein Teil der Geschäftsleute beugte sich dem Druck der einflußreichen Horner Vorstandsherren und zog seine Anzeigen zurück, einige von unterstützen die oppositionelle Gemeinde-Zeitung dafür jetzt unter der Hand mit Spenden.
BD
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