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Maßnahmen zur EurorettungDraufhaun auf die EZB

„Drogensüchtige“ und „Falschmünzer“ – die Pläne der Europäischen Zentralbank zur Eurorettung stoßen auf harten Widerstand bei CSU und Bundesbank.

Wird für seine Ideen hart angegangen: EZB-Präsident Mario Draghi. Bild: dapd

HAMBURG/BERLIN dapd/afp | Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat die Pläne der Europäischen Zentralbank (EZB) für ein neues Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen scharf kritisiert. „Eine solche Politik ist für mich zu nah an einer Staatsfinanzierung durch die Notenpresse“, sagte Weidmann in einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin Spiegel.

Die grundlegenden Probleme würden auf diese Weise nicht gelöst. „Der Geldsegen der Zentralbanken würde anhaltende Begehrlichkeiten wecken“, zeigte sich der Bundesbank-Chef überzeugt.

„Wir sollten die Gefahr nicht unterschätzen, dass Notenbankfinanzierung süchtig machen kann wie eine Droge“, warnte Weidmann. In Demokratien sollten „über eine so umfassende Vergemeinschaftung von Risiken die Parlamente entscheiden und nicht die Zentralbanken.“ Wenn die Euro-Notenbanken Staatsanleihen einzelner Länder kauften, landeten die Papiere in der Bilanz des Eurosystems, sagte Weidmann. Letztlich stünden dafür die Steuerzahler aller anderen Länder gerade.

EZB-Chef Mario Draghi hatte den erneuten Aufkauf von Anleihen kriselnder Eurostaaten in Aussicht gestellt. Damit will die Notenbank erreichen, dass Schuldenländer keine überhöhten Zinsen an Investoren zahlen müssen.

Gegenwind auch aus der CSU

Auch CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt poltert gegen EZB-Präsident Mario Draghi. Dessen Vorschlag zur Einführung einer Zinsobergrenze sei der Versuch, vertragswidrig eine „Finanzierung der Schuldenländer durch die Hintertür“ zu erreichen, sagte Dobrindt Bild am Sonntag.

„Damit missbraucht er die EZB als Schaufelrad, um Geld vom stabilen Norden Europas in den defizitären Süden zu schaffen“, sagte Dobrindt. Auf diese Weise mache Draghi die Europäische Zentralbank zur Inflationsbank.

„Mit solchen Vorschlägen begibt sich Draghi auf den besten Weg, in das Geschichtsbuch als der Falschmünzer Europas einzugehen“, urteilte Dobrindt.

Früherer EZB-Chefvolkswirt übt Kritik

Der frühere Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank Jürgen Stark lehnte Staatsanleihenkäufe der EZB ab. „Damit subventioniert die EZB die nationalen Haushalte einiger Staaten, und es findet eine Umverteilung statt“, sagte Stark der Welt am Sonntag. Noch weiter ginge diese Umverteilung, wenn die Krisenländer die aufgekauften Anleihen nicht mehr bedienen könnten - und das Euro-System der Notenbanken die Verluste tragen müsste.

Draghi hatte Interventionen der Zentralbank angekündigt, um vermeintlich überzogene Marktzinsen in einigen Euro-Staaten zu bekämpfen. „Es mag sein, dass sich durch die Interventionen am Anleihenmarkt kurzfristig die Situation beruhigen lässt“, sagte Stark. Aber das löse die Probleme der Krisenstaaten nicht. „Sie müssen durch diesen schmerzhaften Korrekturprozess hindurch“, sagte Stark. Das könne ihnen niemand abnehmen.

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4 Kommentare

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  • D
    Dieter

    Wenn ich reich wäre und keine Schulden hätte, dann wäre ich sicher froh, dass sich "unser" Bundesbankpräsident und "unsere" Politiker, und nicht nur von rechtsaussen, wie hier ein CSU-Hinterwäldler, sich so vehement für meine Interessen einsetzten. Mit Hilfe ihrer Ideologie könnte ich mich noch lange der hohen Zinsen erfreuen, die ich für meine Staatsanleihen in Italien und Spanien erzielen könnte (Und praktisch ohne Risiko!) um die niedrigen Renditen auszugleichen, die ich in Deutschland erhalte, weil dank der Kapitalflucht in den Krisenländern so viel Geld nach Deutschland strömt, dass man schon keine Zinsen mehr bekommt, sondern teilweise schon bezahlen muss, wenn man sein Geld anlegen will!

    Ich bin aber nicht reich und habe eine Hypothekenschuld wie viele andere und lebe ausserdem in Spanien und bezahle die hohen Zinsen, die Herr Weidmann und Herr Dobrindt ganz und gar nicht abschaffen wollen.

    Wenn also Herr Draghi laut darüber nachdenkt, die Gelddruckmaschine anzuwerfen um auf dem Markt mitzubieten und damit die Zinsen für die Krisenländer zu senken, dann findet er bei mir damit volle Unterstützung. Es tut mir leid, dass sich damit die Inflation ein bisschen beschleunigen wird. Für mich wunderbar, dann bin ich meine Schulden schneller los. Vielleicht wird es dann auch wieder interessanter in produktive Bereiche zu investieren, statt in Spekulationspapiere. Auch gut, dann wird vielleicht endlich die Arbeitlosigkeit abgebaut, die bei uns bei unerträglichen 24% liegt. Und der Staat hätte wieder mehr Geld für sinnvolle Dinge, wie Bildung, Forschung, Infrastruktur, ganz zu schweigen von den Sozialleistungen.

    Deshalb: Weiterso Mario Draghi! Vergiss den BB Präsident und die CSU und mach mal was für den grossen Teil der Bevölkerung. Die Reichen müssen nun wirklich noch reicher werden!

  • PS
    peter scherf

    der euro war ein massiver fehler. das war auch von anfang an klar, aber leider wollt eman auf die kritiker nicht hören. ich habe es noch genau im ohr- antieuropäer war noch das mildeste was die kritke rzu hören bekamen.

     

    aber jetzt zeigt sich, " der kaier ist nackt" und alle euro-jubler stehen blamiert da.

  • K
    Karl-August

    Die EZB treibt wirklich ein beunruhigendes Spiel.

     

    Die Banken schwimmen bereits in Geld, haben dieses aber wegen der Turbulenzen auf dem Interbankenmarkt zurzeit noch bei der EZB geparkt. Wenn sich die Lage irgendwann halbwegs normalisiert hat, dürfte ein guter Teil davon in die Realwirtschaft fließen.

     

    Mit dem Ankauf von Staatsanleihen erhöht die EZB noch zusätzlich die Gefahr eine Überliquidität. Und niedrige Zinsen (die aus Rücksicht auf die Krisenländer noch länger auf einem niedrigen Niveau bleiben werden) und ein abwertender Euro dürften auch noch einen Beitrag zu möglichen Preissteigerung leisten.

     

    Im Moment spricht wirklich einiges dafür, dass wir uns in Zukunft mit höheren (politisch gewollten) Inflationsraten anfreunden müssen. Die Kleinsparer sowie die Bezieher kleiner (Transfer-)Einkommen werden die Leidtragenden sein.

     

    Ich finde das nicht gut.

  • I
    ion

    Frau Häääärrmann .... wo is’ ihr tääxt !?

     

    (Cf.: [https://www.taz.de/Kommentar-Griechenland/!100251/])