Marwa-Prozess in Dresden: Aussage hinter verschlossenen Türen
Bei dem Verfahren um den Mord an der Ägypterin Marwa El Sherbini ist am Donnerstag der Gutachter vor Gericht aufgetreten. Er sagte jedoch unter Ausschluss des Publikums aus.
DRESDEN ap/taz | Der Prozess um die tödliche Messerattacke in einem Dresdner Gerichtssaal ist am Donnerstag mit der Vernehmung des psychiatrischen Sachverständigen fortgesetzt worden. Auf Antrag der Verteidigung des 28-jährigen Angeklagten schloss das Gericht allerdings die Öffentlichkeit für die Dauer der Befragung des Sachverständigen Stephan Sutarski aus. Die vorsitzende Richterin Birgit Wiegand begründete dies mit den schutzwürdigen Interessen des geständigen Täters.
In dem Gutachten würden nicht nur Umstände der Tat, sondern auch aus dem persönlichen Lebensbereich des Angeklagten Alex W. zur Sprache kommen, darunter Details aus seinem Familienleben, zu seiner Weltanschauung und zu seinem geistigen Gesundheitszustand, so die Richterin.
Dem vorläufigen Gutachten zufolge ist der Angeklagte voll schuldfähig. Unklar war jedoch noch die Frage, ob W. vor seiner Übersiedlung nach Deutschland in Russland womöglich wegen einer psychischen Erkrankung aus der Armee ausgemustert worden war. Die Richterin verwies darauf, dass das Gericht bislang keine Erkenntnisse dazu habe, weil die russischen Behörden eine entsprechende Anfrage bislang nicht beantwortet hätten.
Der Angeklagte stammt aus dem russischen Perm und war 2003 als Spätaussiedler nach Deutschland gekommen. Zeugen beschrieben ihn als Einzelgänger und Ausländerhasser. W. hatte am Vortag zugegeben, die Ägypterin Marwa El Sherbini am 1. Juli im Dresdner Landgericht erstochen und ihren Mann lebensgefährlich verletzt zu haben, er bestritt aber, die Tat geplant und aus Fremdenhass gehandelt zu haben.
Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft war das Motiv der Tat bloßer Hass auf Nichteuropäer und Muslime. Die 31-jährige schwangere Muslimin hatte kurz vor der Bluttat als Zeugin gegen den Russlanddeutschen ausgesagt, weil der sie als "Islamistin" und "Terroristin" beschimpft hatte.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart